Deutsche Stimmung kippt

"Wenn andere glauben, zusätzlich Lasten auf Deutschland abzuladen, werden wir das nicht hinnehmen". Das sagte gestern Abend der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere - es geht um die Flüchtlingskrise - und Adressat der Kritik ist Österreich. Dass hierzulande 80 Asylanträge pro Tag erlaubt sind, aber dreitausend Menschen nach Deutschland weiterziehen dürfen, will der deutsche Innenminister so nicht weiter hinnehmen.

Thomas de Maiziere

AFP/JOHN MACDOUGAL

De Maiziere sieht noch zwei Wochen Zeit für eine europäische Lösung. Denn inzwischen wird auch der Druck in Deutschland in der Flüchtlingsfrage immer größer, wie der Brand eines weiteren Asylwerberheims am Wochenende zeigt.

Mittagsjournal, 22.2.2016

Aus Deutschland,

Die Zeit drängt, bis zum nächsten EU-Gipfel sind es noch zwei Wochen, bis zu den Landtags-Wahlen sind es noch drei. Und die Wahlkämpfer verlieren langsam die Geduld. Die Spitzenkandidaten der CDU in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Julia Glöckner und Guido Wolf artikulieren ihren Unmut in einem Brief und verlangen Tages-Kontingente für Flüchtlinge, so wie das im deshalb gescholtenen Österreich eingeführt wurde. Julia Glöckner sagt, Deutschland solle sich nicht länger vom unsolidarischen Verhalten anderer EU-Staaten abhängig machen. Rainer Haseloff, CDU-Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, wo ebenfalls in drei Wochen gewählt wird. Er hofft auf ein nationales Aktionsschema. Die Wahlkämpfer fordern rasche Maßnahmen wegen der Flüchtlingskrise, getrieben wohl auch von den eher ernüchternden Umfragewerten.

Die deutsche Kanzlerin setzt aber weiterhin auf Zeit und eine Vereinbarung mit der Türkei. Diese Zeit gibt es aber offenbar nicht mehr. Innenminister Thomas de Maiziere sagt, die Zeit laufe weg. Und selbst wenn es zu einer Einigung mit der Türkei kommen sollte, würde das nicht reichen, stichelt der bayrische Minister-Präsident und CSU-Chef Horst Seehofer, fast schon traditionell.

Und sein Innenminister Joachim Herrmann assistiert: Österreich habe das vorgemacht mit einem Tageskontingent, das sollte Vorbild für Deutschland sein.

Der fast einzige in der deutschen Koalition, der die Kanzlerin und CDU-Chefin noch unterstützt, ist offenbar der SPD-Chef. Siegmar Gabriel sagt, es sei weder klug noch anständig der Kanzlerin in den Rücken zu fallen. Sein Parteikollege, Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments formuliert es so: die Probleme in Europa würden nicht über Landtagswahlen in Deutschland gelöst.

Und dem Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, bleibt kaum etwas anderes übrig, als die Einigkeit zu beschwören. Gerade in schwierigen Zeiten sei es wichtig Kurs zu halten, sagt der getreue Partei-Soldat von Angela Merkel.