Wiener Galerienrundgang
Die Wiener Galerienszene ist vielleicht nicht so groß wie in anderen europäischen Metropolen, aber sie hat auch international einen guten Ruf. Gestern fanden in Wien einige hochkarätige Eröffnungen statt - mit Arbeiten von Heimo Zobernig und Kay Walkowiak.
8. April 2017, 21:58

Die Galerie Meyer Kainer zeigt neue Arbeiten von Heimo Zobernig.
ORF/CHRISTINE SCHEUCHER
Kulturjournal, 8.6.2016
Die Galerie Krobath zeigt Arbeiten von Julian Opie, einem der ganz großen Stars der britischen Gegenwartskunst. Gleich nebenan in der Galerie Meyer Kainer ist Neues von Heimo Zobernig zu sehen, der im vergangenen Jahr den österreichischen Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig gestaltet hat.
Service
Galerie Krobath - Julian Opie
8. Juni bis 30. Juli 2016
Galerie Meyer Kainer – Heimo Zobernig
8. Juni bis 23. Juli 2016
MAK - Kay Walkowiak. Forms in Time, bis 2. Oktober 2016
Sitzskulpturen von Heimo Zobernig
Seine Formensprache ist sachlich, reduziert und minimalistisch. Kritiker stecken den österreichischen Künstler Heimo Zobernig gerne in die Schublade des Postminimalismus. Zobernig hat Skulpturen aus Spannplatten, Karton, Schalldämmmaterial und Styropor gestaltet und die ästhetische Qualität von Kuben, Winkeln und Sockeln untersucht. Damals, in den 1980er Jahren, befragte Zobernig an der Seite von Künstlern wie Franz West den Skulpturbegriff und definierte ihn neu. Statt Skulpturen in Marmor zu hauen, oder in Bronze zu gießen, müsste der Baumarkt als Steinbruch herhalten.
In seiner künstlerischen Arbeit lotet Heimo Zobernig immer wieder das Verhältnis von Alltagsgegenständen und Kunstwerken aus - etwa indem er Möbelstücke, Sessel, oder Sitzbänke zu Skulpturen macht. Sitzmöbel mit skulpturalem Charakter zeigt nun auch die Galerie Meyer Kainer in Wien. Scherenpodeste, auf denen Holzplatten angebracht sind, sind da zu sehen. Darüber legt Zobernig flauschige Decken, die wohlgemerkt schwarz-weiß kariert sind. Besucher und Besucherinnen sind dazu aufgerufen, es sich auf der Liegefläche bequem zu machen.
"Die große Geste ist kalkuliert!"
Ursprünglich hat er diese für eine Ausstellung in der Kunsthalle in Malmö entworfen. Die schwarz-weiß karierten Decken sind übrigens eine Referenz auf Ingmar Bergmanns bildgewaltigen Klassiker "Das siebente Siegel". In Bergmanns Film spielt ja ein Ritter mit dem Tod Schach, um sein Leben zu verlängern. Schleicht sich das Barocke Vanitas-Motiv in die minimalistische Formensprache Heimo Zobernigs ein?
Man könnte eigentlich sagen, dass Heimo Zobernigs mit seiner Schlichtheit - zumindest wenn man gängigen Österreich-Klischees auf den Leim geht - eine "unösterreichische" Tradition begründet hat. Zobernigs formale, "protestantische" Strenge steht im Kontrast zum katholischen Barock, zum Überbordenden, emotional Aufgeladenen. Kurz: zur großen ästhetischen Geste, die man teilweise noch in der Generation der Wiener Aktionisten findet. Neue Arbeiten von Heimo Zobernig sind aktuell in der Galerie Meyer Kainer zu sehen.
Nachwuchskünstler Kay Walkowiak
Gleich gegenüber stellt die Berliner Galerie Crone, die seit vergangenen September eine Dependance in Wien hat, Arbeiten des Nachwuchskünstler Kay Walkowiak aus. Seine Arbeiten sind aktuell auch im Museum für Angewandte Kunst in Wien zu sehen. Walkowiak hat bei Erwin Wurm Bildhauerei studiert und arbeitet mit den Medien Video und Skulptur. Die Galerie Crone zeigt Walkowiaks skulpturale Stahlstrukturen und monochromem Farbpigmentdrucke. Kunst im Geiste des Minimalismus. Walkowiak kramt aber nicht nur im Fundus der Kunstgeschichte, Inspiration findet er auch in Indien.
Aberglauben und Moderne
In der Videoarbeit "Divine Monochromes" sieht man einen grünen Papagei, der verschiedenfarbige Karten aus einem Stapel herauspickt. Der Papagei ist Teil eines Orakels wie man es in Indien an jeder Straßenecke finden kann. Eigentlich ziehen die Papageien Karten, die zahlungswilligen Kunden und Kundinnen die Zukunft vorhersagen. In diesem Fall lässt Kay Walkowiak den Papagei entscheiden, welche Farbfelder in seinen monochromen Prints in welcher Reihenfolge aneinander gereiht werden. Der Zufall führt Regie. Die monochromen Farbflächen, die deutlich an die minimalistische Moderne erinnern, entstehen mit Hilfe eines Orakels. Der Rationalismus der Moderne trifft auf Praktiken des vormodernen Aberglaubens.