Wahlanfechtung: Vorsortierung üblich

Die FPÖ will die gesamte Stichwahl der Bundespräsidentschaftswahl wiederholen lassen. Deshalb wurde beim Verfassungsgerichtshof eine Anfechtung eingebracht, wegen - wie es heißt - "einer Unzahl von Unregelmäßigkeiten". Es geht vor allem um die Briefwahlstimmen, sie sollen in 82 von 117 Wahlbezirken bereits vorzeitig vor-sortiert gewesen sein. Gerade über dieses Thema wird viel diskutiert, auch in den jeweiligen Wahlbehörden. Denn dass man vorsortiert, bestreiten viele gar nicht.

Wahlkarten

APA/NEUMAYR/MMV

Morgenjournal, 9.6.2016

Die FPÖ sieht in der gesetzlichen Regelung der Briefwahl eine Zitat - Einladung zur Manipulation". Konkrete Gesetzesverletzungen sieht sie in 94 von insgesamt 117 Bezirkswahlbehörden, in den meisten Fällen (nämlich in 82 Wahlbehörden) geht es um die Vor-Sortierung, da sind rund 570.000 Wahlkarten betroffen. In einigen Behörden seien die Wahlkarten schon geöffnet oder die Kuverts schon entnommen oder die Stimmzettel sogar schon ausgezählt worden, fast 60.000 Wahlkarten seien von Personen ausgezählt worden, die dafür nicht zuständig waren.

In den Bezirkswahlbehörden ist die Stimmung ziemlich gereizt - denn: was das Gesetz da verlangt, sei schlicht und einfach unrealistisch, hören wir immer wieder. Da geht es konkret um den Paragraf 14 a Absatz 1 im Bundespräsidentenwahlgesetz. Darin kommt dem Bezirkswahlleiter eine wichtige Rolle zu, er muss prüfen, ob der Verschluss der Wahlkarte unversehrt ist, er muss die Wahlkarten öffnen und die Kuverts herausnehmen. Dann geht es weiter mit Mischen der Kuverts, Öffnen und Auszählen. Wichtig ist nämlich, dass nicht nachvollziehbar ist, von wem welcher Stimmzettel kommt und dass kein Stimmzettel sozusagen untergejubelt werden kann.

Soweit so nachvollziehbar, aber: Vom Gesetz wird auch ein Zeitpunkt genannt: der Tag nach der Wahl um 9 Uhr. Wenn man da erst anfangen würde, ginge sich das niemals aus, heißt es. In der Praxis würde man schon am Abend oder in der Nacht nach der Wahl die Vorarbeit leisten, nämlich - vereinfacht gesagt - 2 Stapel machen, korrekt und nicht korrekt ausgefüllt Wahlkarten.

Über diese Praxis würden auch die Beisitzer, Ersatzbeisitzer und Vertrauenspersonen Bescheid wissen, darunter seien natürlich auch Vertreter der FPÖ. Das heißt nicht automatisch, dass sie beim Vorsortieren dabei sind, aber sie könnten, wenn sie wollen. Man könne ja auch nicht verlangen, dass ein Wahlleiter alle Umschläge alleine aufreißt, weil es in Summe tausende sind, das mache man mit einem Team, alles andere sei unrealistisch und weltfremd. Im Interview will das niemand sagen, dazu sei es zu heikel, weil ja auch in einigen Fällen Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft laufen.