Der Kampf um Aleppo
Aleppo ist die Stadt in Syrien, die als Schlüssel zum Sieg im dem seit fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gilt. Wer die einstige Wirtschaftsmetropole kontrolliert, kontrolliert nicht nur den Norden Syriens, sondern auch die Anrainergebiete. Den Assad-Truppen ist es in den vergangenen Wochen gelungen, die Ostviertel der Stadt komplett abzuriegeln, um so die Rebellen zur Kapitulation zu zwingen. Diese haben jetzt aber in ganz Syrien die Reihen geschlossen und eine Gegenoffensive gestartet.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 1.8.2016
Es war die große Schwäche der syrischen Aufständischen: ihre Zersplitterung in zahlreiche Fraktionen, von islamistisch bis moderat. Nun, wo sie Gefahr laufen, ihre letzte Hochburg in Aleppo und damit den Krieg zu verlieren, haben sie sich offenbar zusammengeschlossen. Unter Führung der schlagkräftigsten Gruppierung: der extremistischen Jabat al-Sham, die bis vor wenigen Tagen noch Jabar al-Nusra hieß und zur Terrororganisation Al-Kaida gehörte. Von ihr hat man sich losgesagt. Aus strategischen Gründen wohl, um IN Syrien die Speerspitze des Aufstands gegen Assads zu werden. Was für die moderateren Teile des Aufstandes den Zwang bedeutet, sich immer mehr dem Radikal-Islamistischen Spektrum unterzuordnen.
Das gemeinsame Ziel der gemeinsamen Front ist nun: den Belagerungsring der Assad-Kräfte um Aleppo zu sprengen. Von außen und von innen. Von außen, vom Südwesten, von Idlib her, gab es heut Nacht offenbar den ersten harten Vorstoß.
Zugleich wird die Lage für die in den Rebellenvierteln Aleppos eingeschlossenen Bewohner immer verzweifelter. Dennoch werden die humanitären Korridore, die die syrische Regierung im Bund mit Russland den Bewohnern anbietet, bis jetzt nicht genutzt, sagt ein Aktivist der Opposition in Aleppo der BBC am Telefon: Die letzte Verbindung nach außen, die Castello-Straße, ist seit drei Wochen zu. Vorher konnten die Leute hier noch ein und aus. Jetzt geht nichts mehr, und viele möchten dringend raus, aus vielen Gründen! Aber die Korridore führen auf Territorium des Regimes! Und dem trauen wir nicht!
In der Nacht haben die Zivilisten ihrerseits eine Widerstandsaktion unternommen. Ein Zivilist erzählt: Die Leute haben Reifen angezündet, um die Luftangriffe zu erschweren. Da es keine Flugverbotszone gibt, hilft vielleicht der schwarze Rauch.
Die Assadkräfte, erzählt er, zielen auf Gebäude, in den Vorräte lagern könnten: Wir haben keine Spitäler mehr. Wir helfen uns mit kleinen medizinischen Zentren. Nahrungsmittel sind rar. Brot gibt es noch. Die Leute ernähren sich von Brot.
So stehe man, sagt der Bewohner, vor einer harten Wahl. Viele werden sich sagen, vermutet er: Lieber vor Hunger sterben, als auf die Seite des Regimes gehen.