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Kultur aktuell
Neues Bob-Dylan-Album "Triplicate"
Zwei Konzerte in Stockholm, dazwischen den Nobelpreis abholen und ein neues Album veröffentlichen - es war ein ereignisreiches Wochenende für Bob Dylan. "Triplicate" ist ein Dreifach-Album, gefüllt mit Songs aus dem "Great American Songbook". Es ist Dylans drittes Album mit Verneigungen vor den Kompositionen von Cole Porter, Richard Rogers oder George Gershwin und erinnert in Form und Inhalt wohl nicht ganz zufällig an Frank Sinatras "Trilogy" aus dem Jahr 1980.
1. Mai 2017, 02:00
Morgenjournal, 31.3.2017
Bob Dylan bastelt munter weiter an seiner aktuellen musikalischen Behausung und verpasst dem von ihm in Angriff genommenen "American Songbook" ein solides Dach - mit einem Dreifach-Album. "Triplicate" erinnert nicht nur dem Titel nach, sondern auch in seiner Ausführung an das grandiose Alterswerk von Frank Sinatra aus dem Jahr 1980, "Trilogy". Auch Dylan verteilt seine Songs auf drei Alben und überschreibt diese programmatisch mit "Till The Sun Goes Down", "Devil Dolls" und "Comin' Home Late"
Folk, elektrifizierter Rock, Gospel, Country - alles hat Dylan schon abgegrast. Dann also zurück zu jenen Weiden, die er als junger Mann so eloquent hinter sich gelassen hat. Ohne Ehrfurcht, aber mit Respekt - und mit Gespür für die emotionale Essenz dieser Lieder. "Da sind schlicht manche der herzzerreißendsten Lieder, die je aufgenommen wurden und ich wollte ihnen gerecht werden", meint Dylan. "Moderne Musik und moderne Songs sind so starr, man begreift das oft gar nicht. Aber diese Songs sind kalt und fokussiert, voll direktem Realismus und Vertrauen in das ganz normale, das einfache Leben - so wie in den Anfangstagen des Rock 'n' Roll."
Futter für Dylan-Versteher
Dylan weitet also erneut seine Jagdgründe aus. Er zieht wie ein nimmersattes Kind auf den nächsten musikalischen Spielplatz, um sich dort auszutoben. Genauso übermütig und nicht minder unbescheiden und maßlos. Das letzte Album mit Eigenkompositionen, "Tempest", erschien 2012. Seitdem widmet sich der 75-Jährige der Aufarbeitung seiner frühesten akustischen Prägungen. "Mir war nicht klar, wie viel von der Essenz des Lebens in diesen Songs steckt, wie viel von der menschlichen Verfassung - wie perfekt Melodie und Text ineinandergriffen, wie genau sie unseren Alltag einfangen, wie ausgesprochen nicht-materialistisch sie sind", so Dylan über die Kraft dieser Kompositionen.
Intim, unmittelbar und entspannt wirken die Aufnahmen, die Dylan mit einer Kernformation seiner Tourband eingespielt hat. Auf "Triplicate", wie zuvor schon auf "Shadows in the Night" und "Fallen Angels", stellt Dylan jene Songs vor, die aus ihm Bob Dylan gemacht haben. Es ist ein Album wie ein Director's Cut - aufrichtige Verneigung und akustische Fußnotensammlung für Dylan-Versteher.
Ein akustisches Coffeetable-Buch
"Triplicate" wurde live eingespielt, und wenn eine Aufnahme musikalisch passte, aber Dylans Stimme hier und da ächzte, dann wurde das so belassen - wie in "September of My Years". "Es ist mir doch egal, wenn meine Stimme hier und da krächzt, viel schlimmer wären doch falsche Akkorde oder Töne", meint Dylan. "Bei 'September of My Years' habe ich nichts nachträglich ausgebessert. Das geht auch nur, wenn man den Gesang noch einmal aufnimmt und das haben wir nicht gemacht. Es ist eine Live-Aufnahme, und wenn meine Stimme hier und da bricht, dann haben wir wohl einfach zu früh am Morgen aufgenommen – das beeinträchtigt aber die Wirkung nicht, mir jedenfalls war's egal."
Über drei Alben und 30 Songs spürt man Dylans aufrichtigen Wunsch, diese Lieder nicht nur zu interpretieren, sondern in sie zu schlüpfen, sie zu erleben. Verglichen mit seinen eigenen Meisterwerken, wirkt "Triplicate" dennoch wie ein dekoratives Coffeetable-Book. Ausladend, aufwändig gestaltet und eine durchaus verführerische Einladung immer wieder einmal darin zu blättern - mehr aber auch nicht.