2016 STUDIOCANAL GMBH
Neu im Kino
"Song to Song" von Terrence Malick
"Song to Song" heißt der neue Film des US-amerikanischen Regisseurs Terrence Malick, ein Titel der eine Art Leben von Augenblick zu Augenblick andeuten soll. Und genau diese Haltung nimmt auch die Hauptfigur ein, eine junge Musikerin, die in eine existenzielle Krise schlittert, als sie zwei Männer zugleich kennenlernt. In den Hauptrollen sind Rooney Mara, Michael Fassbender, Ryan Gosling und Natalie Portman zu sehen.
24. Juni 2017, 02:00
Morgenjournal, 24.5.2017
Wer bin ich? Die Frage scheint auf den ersten Blick abgedroschen, ist doch die menschliche Identität ein im Kino längst inflationär erforschter Verhandlungsgegenstand. Doch wenn Regisseur Terrence Malick seinen Figuren die Suche nach dem eigenen Ich aufdrängt, dann geht es in den zwischenmenschlichen Beziehungen grundsätzlich zur Sache.
2016 STUDIOCANAL GMBH
2011 wurde in Cannes Malicks "Tree of Life" mit der Goldene Palme ausgezeichnet, aber der Regisseur ist der Preisverleihung fern geblieben. Er hat auch keine Interviews gegeben, nicht an Pressekonferenzen teilgenommen und die Uraufführung seines Films angeblich nur heimlich besucht. Terrence Malick ist das Phantom der Filmwelt. Fernab der großen Hollywood-Studios versucht er Filme zu verwirklichen, die konventionelle Erzählformen im Kino weitgehend hinter sich lassen.
Gefühlskollisionen
Angesiedelt in der pulsierenden Musikszene von Austin, Texas, lässt Malick die Gefühle kollidieren und kollabieren, Berufliches und Privates geraten durcheinander, wenn eine junge Musikerin (Rooney Mara) aus Berechnung eine Affäre mit einem renommierten Musikproduzenten (Michael Fassbender) beginnt, sich zugleich aber in einen ambitionierten Branchenneuling (Ryan Gosling) verliebt. Wollte man so etwas wie eine Handlung beschreiben, wäre hier bereits alles gesagt.
Polarizing Terrence Malick
Kulturjournal, 26.5.2017
Arnold Schnötzinger
Freiheit, Schuld, Reue
Denn wie immer bei Malick dienen die vor allem von der Liebe verursachten Hochgefühle und Tiefschläge der fundamentalen Erschütterung. Zweifel, Macht, Freiheit, Schuld, Reue, Vertrauen, Eifer - und Sehnsucht. Es sind die großen Pfeiler, die Malick fragmentarisch in die Existenzen seiner Figuren einschlägt, damit auch den Zuseher im Kino zur Selbstbe- und Hinterfragung herausfordert. Das alles, ohne den Intellekt anzusprechen? - ganz im Gegenteil, findet Hauptdarsteller Michael Fassbender.
2016 STUDIOCANAL GMBH
Cook (Michael Fassbender) und Rhonda (Natalie Portman)
Zahlreiche Symbole
Auch in "Song to Song" durchforstet Regisseur Malick clipartig, mit Handkamera und rasantem Schnitt Gott und die Welt, da im Wasser ein Strudel, in dem sich auch seine Figuren befinden, dort ein weiter leerer Parkplatz als Bestandsaufnahme menschlicher Seelen. Malicks Inszenierungsstil produziert Symbole am laufenden Band, mal gelungen, dann vor allem in den Dialogen hart am Rande der Bedeutungsbetulichkeit.
Von A nach B?
Weil die Sprache aber ohnehin immer nur eine grobe Annäherung an menschliche Wesenszustände sein kann, formt ihnen Terrence Malick einen experimentell poetischen Bewusstseinsstrom aus Tönen und Bildern, aus Umwegen und Sackgassen - und das ohne Garantie, überhaupt je von A nach B zu kommen. Ein Ziel, das ohnehin vage ist. Das Ergebnis mag polarisieren, einzigartig im wörtlichen Sinne ist es allemal.
Text: Arnold Schnötzinger
Gestaltung
- Arnold Schnötzinger