Faye Dunaway und Warren Beatty

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Filmkolumne

Bonnie and Clyde zum Kino-50er

Bis heute sind sie das berühmteste Gangsterpärchen der US-amerikanischen Kriminalgeschichte: Bonnie Parker und Clyde Barrow, die von 1932 bis 1934 im Mittleren Westen Raubüberfälle auf Tankstellen, Lebensmittelgeschäfte und Banken verübten, bis sie schließlich am 23. Mai 1934 in einen Hinterhalt gelockt und erschossen wurden.

Schon zum Begräbnis kamen Menschenmassen, rund um Bonnie und Clyde entstand ein Mythos, gespeist aus Bewunderung und Abscheu vor der Gesetzlosigkeit zugleich. Nicht zuletzt haben Kunst und Kultur dazu beigetragen, mit zahlreichen Versionen der Geschichte in Film, Literatur, Theater und Musik. Am nachhaltigsten wohl der Film "Bonnie and Clyde", der am 13. August 1967 seinen offiziellen Kinostart in den USA hatte.

"Ein Billiges Stück unverfrorener Slapstick Comedy", "genauso gegenstands- wie geschmacklos", "sentimentale Effekthascherei", "Gewalt der grausigsten Art" und "seltsam antiquiert". Als der Filmkritiker Bosley Crowther 1967 in der ´New York Times´ seine Meinung über den Film "Bonnie and Clyde" kundtut, nimmt er sich kein Blatt vor den Mund. Der Film, der die Geschichte des legendären Gangsterpärchen aufrollt, ist bei ihm mit Wortbomben und Satzgranaten durchgefallen. Wenig später dann hat sich Crowther, einer der einflussreichsten Kritiker seiner Zeit, dann aber mit seinem harschen, angreifbaren Urteil um seinen Job gebracht. Denn als "Bonnie und Clyde am 13. August 1967 in die amerikanischen Kinos kommt, sind zwar einige Pressevertreter erzürnt, doch andere wie die spätere Kritikerautorität Roger Ebert erkennen schon das Potenzial des Films als "Meilenstein in der amerikanischen Filmgeschichte".

Altes Auto mit Einschusslöchern

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Das Auto in dem das echte Gangsterpaar 1934 sein Ende fand. Das Bild oben zeigt Faye Dunaway und Warren Beatty bei der Filmpremiere von "Bonnie and Clyde" im Jahr 1967

Gegen glatte Hollywood-Konventionen

Doch was hatte "Bonnie and Clyde", was andere damals nicht hatten? Was macht den Film auch heute noch unverwechselbar? Offensives Kokettieren mit der weiblichen Sexualität, eine rohe, authentische Kraft im Ausdruck seiner Absichten, Räudigkeit und Zärtlichkeit im zwischenmenschlichen Umgang zugleich, eine Bildsprache, die in ihrer Ungeschliffenheit den glatten Hollywood-Konventionen damals wie heute in die Parade fährt. Und der Versuch hinter dem Mythos der Gesetzlosigkeit ein menschliches Antlitz zu finden, in dem sich Durchschnittsbürger mit Ausbruchsfantasien wiederfinden konnten. "Widerstand leisten, war quasi die Grundgeste zur damaligen Zeit", wie Bonnie-and-Clyde-Regisseur Arthur Penn einmal meinte.

Inspiration für Stone, Lynch und Peckinpah

Bonnie und Clyde waren nicht das erste Leinwand-Gangsterpärchen auf der Flucht, Fritz Langs "Gehetzt"aus dem Jahr 1937 oder "Gun Crazy 1949 gelten als Vorläufer. Doch Bonnie und Clyde haben das Motiv des sogenannten "couple on the run" am nachhaltigsten in die Filmgeschichte eingetragen und zahlreiche Filme und Künstler inspiriert: Oliver Stone mit "Natural Born Killers" etwa, David Lynch mit "Wild at Heart", Terrence Malick mit "Badlands" oder Sam Peckinpah mit "Getaway". Und vor allem Quentin Tarantino, der das Drehbuch zu "True Romance geschrieben hat. Und dann wären da ja noch Pumpkin und Honey-Bunny, die sich zu Beginn von "Pulp Fiction" im Diner neue Business-Optionen überlegen ("Du willst jetzt also Banken ausrauben") dann doch beim gewohnten Geschäftsmodell, also ordinärem Raubüberfall zu bleiben

The Story of Bonnie and Clyde

Am weitesten in die Pop-Kultur hat sich jenes freilich auch 1967 in Arthur Penns Film zitierte Gedicht der Gelegenheitspoetin Bonnie Parker vorgearbeitet:

You've read the story of Jesse James
Of how he lived and died
If you're still in need
Of something to read,
Here's the story of Bonnie and Clyde.

Im Duett mit Brigitte Bardot hat Serge Gainsbourg Parkers dichterische Ambitionen bereits 1968 vertont, es folgten rund ein Dutzend Cover-Versionen. Auch im Country-Genre wäre die Legende von Bonnie and Clyde gut aufgehoben, fand Merle Haggard ebenfalls 1968, eine hitverdächtige Ballade auf das Gangsterpaar trälltert 1967 Georgie Fame. 1996 ist das Thema beispielsweise auch bei den "Toten Hosen" gelandet.

Wiederauferstehung

Legenden pflanzen sich über kulturelle Anreicherung gut und gerne fort, werden somit am Leben erhalten. Nicht nur Arthur Penns Film wirkt in diesem Sinne lange nach, auch manch seltsame Wege geht dieser Kult. So ist heuer in den USA ein Buch mit dem Titel "Bonnie and Clyde: Resurrection Road" erschienen, das wie der Titel schon sagt, Bonnie und Clyde einfach zum Leben wieder erweckt: die Prämisse des Buches, all die Fotos, die vom Tod und Begräbnis 1934 von Bonnie und Clyde existieren, sind schlicht Fälschungen.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger