Charlotte Moorman, 1967

BARBARA MOORE

Positionen in der Kunst - Charlotte Moorman

Das Werk der US-amerikanischen Cellistin und Performerin Charlotte Moorman lässt sich in keine Genre-Schublade pressen. In Cellophan verpackt oder halbnackt, mit viel Humor und Eleganz sprengte sie die Grenzen der klassischen aber auch der neuen Musik ihrer Zeit. Das Chello, ob als Eisblock oder Bildschirminstallation, ob unter Wasser oder in der Luft, ob als menschlicher Körper oder Bombe, hat sie in Fluxus Manier aus seinem Kontext befreit und zum Kunstobjekt erklärt.

Geboren 1933 in Arkansas, absolviert Charlotte Moormann bereits als Jugendliche eine klassische Musikausbildung, spielt als Cellistin in großen Orchestern und kleineren Formationen. Für ihre Masterarbeit an der University of Texas in Austin wählt sie komplizierte Stücke von Brahms, Boccherini und Kabalevsky.

1957 bewirbt sich die klassische Konzertmusikerin an der Juilliard School, einem berühmten Musikkonservatorium in New York City, sie wird aufgenommen und kommt dort mit dem Avantgarde Virus in Kontakt.

Moorman's New Yorker Avantgarde Festivals

1967 wird Charlotte Moorman in New York während der Aufführung von Nam June Paiks "Opera Sextronique” verhaftet. Und das obwohl, wie der Nachrichtensprecher betont, im Konzertsaal alle - bis auf die Polizei - geladene Gäste waren. Die Verhaftung der Oben-Ohne Cellisten macht Schlagzeilen in den USA und in Europa. Das barbusige Spielen des klassischen Instruments erregt die Öffentlichkeit.

Auch im Jahr ihrer Verhaftung, organisierte Charlotte Moorman eines ihrer berühmten New Yorker Avantgarde Festivals. Ort des Geschehens war ein Staten Island Ferry Boat, mit Fluxus-Happenings, Konzerten, Performances und Installationen. Ein Anziehungspunkt sowohl für die New Yorker Kunstszene als auch für ein Massenpublikum, wie die Veranstalterin betont.

Sie wollte, dass ihre Festivals offen, zugänglich und familienfreundlich sind. Und sie wollte die avancierteste Kunst ihrer Zeit einem möglichst breitem Publikum präsentieren. An ihren Festivals nahmen Poeten, Tänzer, Komponisten, Performer, Bildhauer, Maler, Architekten, Video-Foto-oder Hologrammkünstler aber auch Roboterforscher teil, alle die zu dieser Zeit Neues machten. Jeder der wollte, konnte mitmachen.

Moormans Avantgardefestivals fanden insgesamt 15 Mal statt, meist im öffentlichen Raum, was damals eine Innovation war. Am liebsten wählte sie stark frequentierte Orte, wie den Central Park, den Grand Central Terminal oder zum letzten Mal 1980 den Hudson River Park.

Die "Jean d’Arc der neuen Musik"

Der Komponist Edgar Varèse bezeichnete sie als "Jean d’Arc der neuen Musik". Die Liste ihrer Kooperationspartner liest sich wie das "Who is Who" der amerikanischen Avantgarde, darunter Namen wie John Cage, La Monte Young, Morton Feldman, Yoko Ono oder Nam June Paik.

Die gemeinsamen Arbeiten mit Nam June Paik, mit dem sie auch unter einer Decke Sex performte oder dessen Körper sie als Cello benutzte, sind legendär. Die Loorbeeren für Werke wie, "TV Cello", eine Skulptur aus Fernsehbildschirmen, die Moorman wie ein Cello spielte oder "TV-Bra", ein BH aus zwei Monitoren, konnte aber eher der aus Südkorea stammenden US-amerikanischen Komponist und Pionier der Medienkunst ernten.

Eine Komposition und Performance, die Moorman wie auf den Leib geschnitten war, stammte von ihrer Förderin, Kollegin und Freundin Yoko Ono. "Cut Piece" war der Titel des Stücks, bei dem Moorman Cello spielte, während einer nach dem anderen aus dem Publikum hervortritt und mit der Schere ihr Kleid zerschneidet.

Krankheit als Performance

Als bei ihr 1979 Brustkrebs diagnostiziert wurde, musste eine ihrer Brüste entfernt werden. Wenig später setzte sie ihre künstlerische Arbeit fort, die Krankheit kam wieder, ein jahrelanger Kampf mit Therapien und Operationen folgte. Und auch diesen Weg hat Charlotte Moorman als Performance initiiert.

Service

Buch: "Topless Cellist. The Improbable Life of Charlotte Moorman", by Joan Rothfuss, MIT Press, 2014