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Im Stiftungsrat dreht sich alles um
Das Ergebnis der Nationalratswahl und die bevorstehende Bildung einer schwarz-blauen Bundesregierung haben massive Auswirkungen auf die Zusammensetzung des ORF-Stiftungsrates, das ist das Aufsichtsgremium des Unternehmens. Denn der größte Teil seiner Mitglieder wird von der Regierung bestimmt, der Opposition steht nur jeweils ein Stiftungsrat pro Partei zu. Für ÖVP und FPÖ zusammen ist sogar die Zweidrittelmehrheit in Reichweite, mit der sie die ORF-Führung austauschen könnten.
4. Dezember 2017, 02:00
Wie könnte sich die Zweidrittelmehrheit für Schwarz-Blau im Stiftungsrat zusammensetzen? Der Stiftungsrat hat 35 Mitglieder. Davon entsenden Bundesregierung und Länder jeweils neun, die Parlamentsparteien und der Publikumsrat jeweils sechs, der Betriebsrat fünf. Mit dem Regierungswechsel können ÖVP und FPÖ die neun Stiftungsräte auf dem Regierungsticket neu bestimmen, weiters drei Stiftungsräte auf dem Parteien-Ticket. Wobei der ÖVP hier zwei, der FPÖ einer zusteht. Macht also zwölf.
Schwarz-Blau nahe an Zweidrittelmehrheit
Dazu kommen sechs Stiftungsräte, die der Publikumsrat entsendet, das Mehrheitsverhältnis dort bestimmt nach dem ORF-Gesetz der Bundeskanzler. Und weitere sechs Stiftungsräte der Länder sind ÖVP-nahe und ebenfalls Schwarz-Blau zuzuordnen. Allein das wären dann schon 24, also zwei Drittel.
Zusammensetzung des Stiftungsrates
ORF-Gremien enden im Frühjahr regulär
Die von Regierung und Parteien zu entsendenden Stiftungsräte könnten sofort nach der Regierungsbildung ausgetauscht werden, die anderen sind für die Funktionsperiode des Stiftungsrates bestellt und können nicht abgesetzt werden. Da die Funktionsperiode der Gremien ohnehin demnächst abläuft, ist es aber wahrscheinlicher, dass die regulären Fristen abgewartet werden. Der Publikumsrat muss im April 2018 neu besetzt werden, der Stiftungsrat im Mai. Das heißt, im Frühjahr wären dann die endgültigen Mehrheits-Verhältnisse in den Gremien klar.
Kräfteverhältnisse im Stiftungsrat
FPÖ, NEOS & Liste Pilz: Small is beautiful
FPÖ, Liste Pilz und NEOS wollen diese ORF-Gremien reformieren. Der Stiftungsrat - als Unternehmensaufsicht - soll kleiner werden, das finden alle. Im Detail zeigen sich Unterschiede: Die FPÖ will das Gremium nach den Stärkeverhältnissen im Parlament beschicken, also die von der schwarz-blauen Regierung Schüssel 2001 im Gesetz geschaffene Übermacht der Regierung beseitigen. Den Freiheitlichen geht es nicht darum, parteipolitischen Einfluss auf den ORF zu beenden, sondern darum, diesen transparent zu machen.
Parteien raus oder transparent machen
NEOS und Liste Pilz hingegen wollen Konstruktionen, wo die Politik draußen bleibt. Pilz ist für das Modell BBC, die de facto sehr unabhängig von der Politik agieren kann. Die NEOS wollen eine Stifterversammlung zur Hälfte aus Gebührenzahlern, die ein Schöffensenat in öffentlichen Hearings bestimmt. Die Versammlung wählt dann einen schlanken Aufsichtsrat. Und die Gremien sollen sich, das will auch Pilz, immer wieder selbst erneuern.