Gustav Klimt, Beethovenfries (Detail)

APA/ROLAND SCHLAGER

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Gestohlene Klimt-Bilder: Der Beethovenfries

Der Beethovenfries ist eines der Hauptwerke Klimts und gilt als einer der Höhepunkte des Wiener Jugendstils. Groß war daher die Aufregung im Jahr 2013, als die Erben den Restitutionsantrag für den Beethovenfries stellten.

Eine Gesetzesänderung hatte eine wesentliche Änderung gebracht: Seit 2009 können Kunstwerke auch restituiert werden, wenn die bisherigen Besitzer sie an die Republik Österreich verkauft haben. Vor der Novelle des Kunstrückgabegesetzes war das nicht möglich. 1973 hatte die Republik Österreich den Beethovenfries von der Sammlerfamilie Lederer angekauft. Der Ausgang des Falles war damit völlig offen.

Eine Hommage an Beethoven

Gustav Klimt schuf dieses monumentale Werk 1902 für die Beethoven-Ausstellung in der Secession. Es ist eine Hommage an den Komponisten Ludwig van Beethoven, ein allegorischer Bilderzyklus zu Beethovens Neunter Symphonie.

Der Fries schildert den Kampf der Seele, die schließlich in der Kunst ihre Erlösung findet. Berühmt sind die "Feindlichen Gewalten", "Die Künste" oder auch "Der goldene Ritter". Klimt machte eine raumfüllende Komposition - der Fries ist 34 Meter lang - ein würdiger Rahmen für das zentrale Objekt der Ausstellung: eine Beethoven-Skultpur von Max Klinger.

Ein heikles Kunstwerk

Es gab schon während der Ausstellung Stimmen, die meinten, dass es viel zu schade wäre, diese vorübergehende Installation zu verlieren. Denn der Fries besteht aus Putz, der auf Schilfmatten aufgebracht wurde, die wiederrum auf Holzlatten befestigt wurden. Daher ist der Fries sehr für Transportschäden anfällig.

Trotzdem wurde der Fries nach der Ausstellung in Tafeln zerschnitten und von der Wand genommen. Der Grazer Bierbrauer Carl Reininghaus war angeblich zufällig in der Secession und kaufte den Fries, um ihn zu retten, sagt die Provenienzforscherin Sophie Lillie. Ursprünglich wollte Reininghaus den Fries in seiner Villa anbringen lassen, als dieser Plan scheiterte suchte er gleichgesinnte Mäzene, die sich um den Fries kümmern könnten.

Die Familie Lederer retten den Beethovenfries

August und Serena Lederer übernahmen die Verantwortung für den Beethovenfries und lagerten ihn über viele Jahrzehnte ein. Die Familie war äußerst wohlhabend: August Lederer hatte die Raaber und die Jungbunzlauer Spiritusfabrik zu florierenden Unternehmen gemacht. Es war Serena Lederer, die sich um die Kunstsammlung kümmerte. Sie baute die größte private Klimt-Sammlung auf. Und sie wurde übrigens auch selbst von Klimt portraitiert. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten kam die Industriellenfamilie in Bedrängnis, sie wird enteignet.

Serena Lederer flüchtete nach Ungarn, ihr Mann war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. Sie stammte aus einer ungarischen Familie und hatte neben der österreichischen Staatsbürgerschaft auch die ungarische. Serene Lederer ließ zunächst einige Kunstwerke ins Ungarische Kulturinstitut bringen, um sie vor dem Zugriff der Nazis zu retten. Doch als sie 1939 um eine Ausfuhrgenehmigung ansuchte, wurde die restliche Sammlung – und damit auch der Beethovenfries – beschlagnahmt.

Der Beethovenfries wurde als "besonders schützenswerter Gegenstand" in die sogenannte Reichsliste aufgenommen. Er stand somit unter Denkmalschutz. Die Museen lieferten sich einen Wettstreit, alle wollten die Bilder aus der Sammlung Lederer. Klimts Kunst war auch zur Zeit des Nationalsozialismus heiß begehrt.

Restituiert mit Einschränkungen

Nach dem Ende des Krieges wurde der Beethovenfries restituiert – an Erich Lederer, den Sohn von August und Serena Lederer. Serena war 1943 gestorben. Erich Lederer wurde damit zum theoretischen Eigentümer einer Kunstsammlung, sagt die Provenienzforscherin Sophie Lillie. Denn er bekam zwar die Kunstsammlung zugesprochen, gleichzeitig wurde aber eine Ausfuhrsperre über wesentliche Teile der Sammlung verhängt. Somit hatte er zwar einen theoretischen Anspruch über die Kunstwerke, konnte aber nicht frei über sie verfügen.

Eine perfide Strategie

Dann trat die Finanzprokuratur auf den Plan – mit einer perfiden Strategie. Die Republik wollte den Fries möglichst kostengünstig kaufen.

Die Kunstsammlung war in einem Depot der Republik Österreich verwahrt. Die Überlegung lautete: Wenn man den Beethovenfries restaurieren würde, dann müsste man den Eigentümer darüber nicht in Kenntnis setzen, er aber sowohl die Kosten dafür übernehmen. Da er diese Kosten, auf Grund ihrer Höhe, nicht begleichen würde können, könnte man den Fries sicherstellen und zwangsversteigern. So könnte die Republik Österreich den Fries zu einem günstigen Preis kaufen, da er ja nicht ausgeführt werden durfte.

Erich Lederer war also für die Kosten verantwortlich, durfte den Fries aber nicht ausführen. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit. Lederer suchte jahrzehntelang nach einem geeigneten Ort.

Bei den anderen Kunstwerken wandte die Republik einen Kuhhandel an, der heute fassungslos macht. Der Staat sah von Ausfuhrsperren nur dann ab, wenn er im Gegenzug besonders wertvolle Objekte geschenkt bekam.

Eine Lösung unter Druck

In den 1960er Jahren suchte Erich Lederer wieder vergebens um eine Ausfuhrgenehmigung an. Restauriert wurde er nicht. Erst in den 1970er Jahren kam neuer Schwung in die Sache. Bruno Kreisky wollte eine Lösung und schickte Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg in Verhandlungen. Es war von Anfang an klar, dass Kreisky nicht dem geforderten Preis zustimmen würde. Das Auktionshaus Christies schätzte den Wert auf 25 Millionen Schilling, erinnert Sophie Lillie.

Erich Lederer verkaufte den Fries um 15 Millionen Schilling. Kreisky versprach, eine Tafel für Erich Lederer anzubringen. Der Beethovenfries wurde 12 Jahre lang restauriert und bei der legendären Ausstellung "Traum und Wirklichkeit" im Wiener Künstlerhaus präsentiert. Erich Lederer erlebte die Auferstehung des Frieses nicht mehr – er starb wenige Wochen davor.

Der Beethovenfries bleibt im Besitz der Republik Österreich

2015 beschließt der Kunstrückgabebeirat, dass der Beethovenfries im Besitz der Republik Österreich bleibt. Denn die entscheidende Frage sei gewesen, ob ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Ausfuhrverbot und nicht erfolgter Rückgabe bestanden hätte. Und diesen Zusammenhang sah der Kunstrückgabebeirat nicht.