Euromünzen

DPA/TOBIAS HASE

Medienfinanzierung

Datenschutz trocknet Algorithmen aus

Viele Medien sind wirtschaftlich unter Druck: Der Werbekuchen wird kleiner, Facebook, Google & Co. ziehen das Geld aus den Werbetöpfen ab, und der strenge Datenschutz stellt das wirtschaftliche Überleben der Medienkonzerne zusätzlich auf eine harte Probe.

Die Diskussion auf der Medienenquete zu diesem Punkt ist gut vorbereitet: Seit langem betonen Privatsender, dass auch sie künftig einen größeren Teil der Rundfunkgebühren bekommen wollen, die die Existenzgrundlage des öffentlich-rechtlichen ORF sind. Puls4-Chef Markus Breitenecker zum Beispiel argumentiert bei jeder Gelegenheit, dass auch Puls4 "Public Value" mache. Breitenecker möchte gern, dass der ORF Produktionen der Privaten mitfinanziert.

Die Wünsche der Privatsender könnten von der Politik erhört werden, glaubt der Grazer Kommunikationswissenschafter Heinz Wittenbrink. "Es wird etwas herauskommen, wo die Privaten erst mal Bravo rufen", sagt Wittenbrink. Er meint, dass der ORF auf der anderen Seite schwächer aus der Enquete herauskommen könnte. Damit hätten die Kritiker der Öffentlich-Rechtlichen in der Regierung dann einen politischen Gewinn verbucht.

Kombi-Plattform soll Geld zurückholen

Auch bei der Werbevermarktung soll der ORF den privaten Medien helfen. ORF und Printverleger arbeiten an einer gemeinsamen Plattform, über die Unternehmen Werbung in österreichischen Medien buchen können - eine Gegenmaßnahme, da immer mehr Unternehmen lieber direkt auf Google oder Facebook Werbung schalten, als auf den Webseiten der Medienkonzerne. Geschätzte 250 Millionen Euro fließen jährlich aus dem österreichischen Werbemarkt ab, Tendenz steigend.

Die neue Vermarktungsplattform soll im Herbst starten, sagt Thomas Kralinger, Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Nach welchen Kriterien die über die Plattform lukrierten Einnahmen verteilt werden sollen, ist noch unklar. Aber man könnte fünf bis zehn Millionen Euro zurückholen, glaubt Kralinger. Das sei keine große Summe, aber immerhin ein Versuch.

Werber-Angst vor zu viel Datenschutz

Auch die Europäische Datenschutz-Grundverordnung, die erst vor wenigen Tagen in Kraft getreten ist, macht die Finanzierung der Medienkonzerne schwieriger, weil User mehr Kontrolle über ihre Daten haben. Werber haben also weniger Informationen, die es ihnen möglich machen, mittels Algorithmen gezielt Werbung an Kunden auszuspielen.
Durch die geplante E-Privacy-Verordnung der EU könnte sich dieses Problem weiter verschärfen. Die Regierung soll das verhindern, fordert André Eckert von Russmedia, der auch die digitale Werbewirtschaft in Österreich vertritt. Kommt die E-Privacy-Verordnung, "kann man damit rechnen, dass Werbeumsätze bis zu 30, 35 Prozent einbrechen würden", sagt Eckert und verweist auf Studien aus Deutschland.

Über die Datenschutzverordnung geben User Unternehmen gezielt die Erlaubnis, ihre Daten zu verwenden - etwa einer Zeitung, von der man informiert werden möchte. Die E-Privacy-Verordnung würde es Usern über Einstellungen im Internetbrowser ermöglichen, die Verwendung von Daten generell zu kontrollieren. So wären auf einen Schlag alle Unternehmen erfasst, die zu kommerziellen Zwecken Daten sammeln, etwa über Cookies. Viele Werber seien verunsichert und fürchten Strafen, warnt Eckert: "Wenn weniger Werbegeld da ist, kann man einen gewissen journalistischen Level nicht mehr halten."

Eine neue Chance für Print?

Für Medienkonzerne könnte in dieser Gefahr eine Chance liegen, sagt der deutsche Werbefachmann Thomas Koch, der ebenfalls auf der Medienenquete sprechen wird. Der Wegfall von Online-Werbeeinnahmen durch den strengeren Datenschutz könnte das Werben in klassischen Medien wieder interessant machen: "Die Frage ist, werden die Unternehmen die Gelder einsparen oder kehren sie zurück zu den Printmedien? Die Chance besteht", sagt Koch.

Das halten andere für naiv. Facebook werde trotz Datenschutz noch mehr Gelder abziehen, sagt etwa Heinz Wittenbrink. Facebook sei darauf gut vorbereitet: "Es kommt sogar dem Facebook-Modell eher entgegen, indem man sagt, wir zeigen euch nur Werbung, die ihr wirklich haben wollt. Da kommen die kleinen österreichischen privaten Medien nicht mit."

Die Zeitungen wollen mehr Geld

Neue Geschäftsmodelle sind also dringend gesucht. Eines steht für alle Medienkenner fest: Nur mit Werbung allein kann Qualitätsjournalismus in Österreich nicht erhalten werden. Anlass für den obersten Verlegervertreter, Thomas Kralinger vom "Kurier", die Regierung an ein verschlepptes Vorhaben zu erinnern: nämlich die Presseförderung zu erhöhen. Die wurde seit 2012 sukzessive auf acht Millionen Euro gekürzt. Pläne für eine Reform bei deutlich höherer Dotierung liegen längst in der Schublade.

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