Sophie Hunger

AP/RENE FLUGER

Neues Album

Sophie Hunger mit "Molecules" in Wien

Mit neuem Album und neuem Sound ist die Sängerin und Songwriterin Sophie Hunger auf Tournee und macht auch Station in Österreich. "Molecules" setzt auf elektronische Musik und erstmals singt die Schweizerin auf Englisch.

Morgenjournal | 11 09 2018

David Baldinger

Vor gut zehn Jahren startete Sängerin Sophie Hunger als der erste weibliche Schweizer Popstar so richtig durch. Vor ihr waren zwar Yello und auch DJ Bobo international erfolgreich, aber die Singer Songwriterin und Komponistin sorgte dann doch für Furore. Mit viel Gefühl, eindringlichen Harmonien und pointierten Texten. Sophie Hunger spielte am Jazzfestival in Montreaux und beim prestigeträchtigen Glastonbury-Festival in England. Mittlerweile lebt sie in Berlin und der Ortswechsel brachte auch einen neuen Sound mit sich. Aktuell ist Sophie Hunger mit ihrem neuen Album "Molecules " auf Tour - und spielt dabei auch gleich drei Mal in Wien.

"Ich weiß dann halt nie so genau was ich mit mir anfangen soll, wenn ich nicht auf Tour bin. Umso besser, dass es jetzt wieder losgeht." Sophie Hunger spricht am Telefon so wie sie musiziert: direkt, rastlos, quirlig und schonungslos ehrlich. Los geht es bald wieder und diesmal wird vieles anders. Denn die Neo-Berlinerin setzte mit ihrem siebten Album Akzente, die viele überraschten. Plötzlich blubberten da Elektro und Technoklänge unter den fragilen Kompositionen. Dabei war die neue Heimat für die Schweizerin zuallererst ein menschliches Versprechen. "Ich hatte gehofft, dass ich in Berlin Menschen treffen würde, die so ähnlich leben wie ich", sagt die 35-Jährige. "Die auch so ein bisschen ein unstrukturiertes Leben haben. Das hab ich da auch gefunden. Das ist sehr tröstlich für mich, gemeinsam durchs Leben zu stolpern."

Am Puls der Berliner Nacht

Gestolpert ist sie dann auch. Der ursprüngliche Umzugsgrund Liebe hat sich nämlich schnell verabschiedet, doch Hunger gefiel der unstete Puls der Berliner Nacht. Für ihr Album saugte sie den Elektro-Sound der Clubs auf - und ließ der geografischen und privaten Veränderung auch eine musikalische folgen.

Mittlerweile hält sie es weder in ihrer Heimat Zürich noch in ihrer Pariser Wohnung länger als ein paar Tage aus. "Das ist so eine krasse Leistungsgesellschaft, das ist mir einfach zu kapitalistisch, das macht mich fertig und erstickt mich menschlich." Dann doch lieber arm und sexy und Berlin.

Vier Dogmen für elf Songs

Die Substanz ihrer Songs liegt für die Sängerin - trotz ihrer elektronischen Wandlung - immer noch in der emotionalen Verdichtung. "In dem Moment, in dem es einen so ein bisschen die Tränen in die Augen treibt, wenn da auf einmal ein Geräusch ist und es einen so richtig berührt, dann weiß man, dass es irgendwas Gutes ist."

Hunger selbst nennt ihr bisheriges Schaffen recht selbstkritisch unverbindlich. Also stellte sie für sich einen Regelkatalog auf. Vier Dogmen, die die Aufnahmen des neuen Albums einrahmen sollten. Es waren vor allem zwei Songs des neuen Albums, die ihr dabei ihr als Orientierungshilfe auf dem neuen Pfad dienten. "Zwei Lieder waren die Prototypen. Dann habe ich meine Regeln aufgestellt: Es gibt nur Synthesizer, programmierte Beats, akustische Gitarre und Stimme. Nichts anderes. Meine Prototypen waren 'Let It Come Down' und 'Silver Lane'."

Alles, nur kein sachliches Leben

Bis Dezember ist Sophie Hungers Terminkalender mit opulenten Gastspielen wie jenem in Wien ausgefüllt. Drei Gastspiele in jeder Stadt - ungewöhnlich, aber nicht ganz selbstlos. Hinter der Schweizer Nüchternheit und unterm Elektrokleid schlummert da ein fast klassischer Rock-n-Roll-Gedanke. "Ich wollte großzügig sein und den Leuten etwas Spezielles bieten, also das Ganze sozusagen künstlich in die Länge ziehen. Das aber auch für uns, damit wir diesen Exzess und diesen Rausch so oft wie möglich erleben können." Ein sachliches Leben, wie sie es nennt, erscheint Sophie Hunger auch mit 35 wenig erstrebenswert.

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