Alte Filmrolle

APA/DPA/PHILIPP SCHULZE

Geschichte

Österreichische Geschichte im Amateurfilm

Seit 2012 hat das Filmarchiv Austria im Burgenland, in Niederösterreich und zuletzt in Salzburg eine Sammelaktion privater Filmaufnahmen durchgeführt: analoges Filmmaterial aus den Jahren 1930 bis 1980, das vom Filmarchiv digitalisiert worden ist. Zusammengekommen ist eine der größten Amateurfilmsammlungen Europas.

Die Ankunft Adolf Hitlers in Saalfelden und die Panzer, die durch die Vorstädte Wiens Richtung Zentrum rollen. Ein Bauer, der in den 1970er Jahren traditionelle Landwirtschaftsarbeit dokumentiert und ein Loblied auf die Pferdekutsche singt. Oder private Urlaubsvideos, die die Reisegewohnheiten der Österreicher dokumentieren. Zuerst mit dem Zelt, dann mit dem Wohnwagen, von der Adria nach Fernost.

Insgesamt sind bereits über 100.000 Filme gesammelt worden. Ausgewählte Filme zum "Anschluss" 1938 sind heuer in eine Filmarchiv-Schau eingeflossen; in einem weiteren Schritt soll das Material in einer Onlinedatenbank zugänglich gemacht werden.

Alltag abseits der Propaganda

Amateurfilme seien in der Archivarbeit lange Zeit vernachlässigt worden, so Filmarchiv-Direktor Ernst Kieninger, füllen aber viele Leerstellen in der filmischen Überlieferung: "Das kollektive Gedächtnis, das sich ja vor allem auch aus audiovisuellem Material speist, erweitert sich durch diese Filme deutlich."

Von vielen ländlichen Regionen gab es bisher etwa kaum gesammelte filmische Aufnahmen. Und der Amateurfilmblick auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, leuchte überraschend oft in Farbe, so Kieninger: "Das ist auch ein Merkmal der Filmamateure, dass sie früher noch als die professionellen Dokumentaristen zum Farbmaterial gegriffen haben, sodass wir jetzt von einigen Orten und Städten erstmals Farbaufnahmen aus der NS-Zeit haben." Und so Kieninger, mit Verweis auf die zentralistisch gesteuerte Propaganda weiter: "Diese Filmemacher füllen eine große Lücke aus, indem sie beiläufig Alltagsleben gefilmt haben, das in der offiziellen Filmproduktion so nie gezeigt worden wäre."

Film Archiv Austria

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Filmarchiv Austria in Laxenburg

Notwendigkeit des Film Preservation Center

Viele der gesammelten Filme lagen teils jahrelang auf den Dachböden, und bedingt durch die technische Entwicklung, den Wandel von Analog auf Digital - fehlten oft entsprechende Abspielmöglichkeiten. "Es ist vergleichbar mit dem Übergang von der Stummfilm- in die Tonfilmzeit. Damals ist praktisch über Nacht ein technisches Format obsolet geworden. Und weil sich niemand für die Erhaltung des Stummfilmmaterials gekümmert hat, auch niemand die notwendige Infrastruktur bereitgehalten hat, ist vieles damals verloren gegangen", so Kieninger.

Bereits vor über drei Jahren hat das Filmarchiv ein Konzept für das sogenannte Film Preservation Center ausgearbeitet - ein Analogfilmlabor mit zusätzlichen Depotflächen und einem Kopierwerk, das eigentlich schon Anfang 2018 in Betrieb hätte gehen sollen. Ernst Kieninger: "Wir haben ein fix und fertiges Konzept, das nicht nur den Bedarf des Filmarchivs, sondern auch anderer Institutionen abdeckt - des österreichischen Filmmuseums im Speziellen, aber auch des ORF-Archivs beispielsweise. Jetzt liegt der Spielball bei der Politik!"

Auch aus der heimischen Filmbranche gebe es dafür Rückhalt, samt Zusagen für eine finanzielle Unterstützung, so Kieninger. Und man sei laufend im Gespräch mit der Kunstsektion des Bundes. Kulturminister Gernot Blümel sagte kürzlich in einem Interview mit dem "Profil", dass das Projekt derzeit wieder evaluiert werde und stellte die Klärung der Standortfrage für 2019 in Aussicht.

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