Zeitungen

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Regierungswerbung

Wenn Regierungsinserate Pause machen

Ministeriumsinserate sind für die österreichische Presselandschaft ein fixer Faktor. Die Werbeausgaben der Regierung in Medien steigen traditionell zu Wahlkampfzeiten, die Zeitungen freut das. Mit der Übergangsregierung könnte dies erstmals anders werden. Sie will sich auf ihre "Informationspflicht" beschränken und bis zur Neuwahl im Herbst keine politischen Kampagnen mehr schalten. Den Zeitungen könnten dadurch Millionen entgehen.

Die ehemalige ÖVP-FPÖ-Bundesregierung hat mehr Werbung in Zeitungen geschaltet als die große Koalition davor. 2018 waren es rund 25 Millionen Euro, die für Inserate von den Ministerien und dem Bundeskanzleramt an die Verlage geflossen sind. Das meiste Geld davon ging an die drei Boulevardblätter "Kronen Zeitung", "Heute" und "Oe24". Die Presseförderung hat im selben Jahr gerade einmal rund 8,9 Millionen Euro ausgemacht. Ein Ungleichgewicht, das seit Jahren kritisiert wird. An einer Reform der Presseförderung ist aber auch diese Regierung gescheitert.

Florian Skrabal

DOSSIER

Florian Skrabal

Ansage der Beamten-Regierung

Die Regierung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein will nun einen Gang herunterschalten. Die Inserate der Ministerien sollen sich bis zur Neuwahl auf die Informationspflicht beschränken, große politische Kampagnen soll es nicht geben. Den Verlagen könnte damit viel Geld entgehen, denn gerade in Wahlkampfzeiten inseriert die österreichische Bundesregierung mehr als sonst, wie "Dossier"-Chefredakteur Florian Skrabal weiß. Bei den Wahlen 2013 und 2017 habe sich gezeigt, "dass just in den Quartalen vor einer Wahl die Bundesregierung ihre Ausgaben extrem in die Höhe gefahren hat", sagt Skrabal. "Dadurch verschaffen sie sich einen Vorteil gegenüber der Opposition, weil man Medien mit Geld füttern und man die eigenen Leistungen bewerben kann. Das kann die Opposition nicht, weil sie den Zugang zu den Geldtöpfen der Ministerien nicht hat."

Eine österreichische Besonderheit

In Deutschland ist die Praxis, die Regierungswerbung vor dem Urnengang zu steigern, seit 1977 verboten. "Dossier" hat ein eklatantes Beispiel für den Unterschied zwischen Berlin und Wien recherchiert. 2017, als in Deutschland und Österreich gewählt wurde, hat das deutsche Innenministerium 1.200 Euro für Inserate ausgegeben, während das österreichische Innenministerium im selben Zeitraum 2,6 Millionen für Werbeeinschaltungen in Zeitungen bezahlt hat.

Das öffentliche Geld als angenehmer Polster

Sollte die Regierung Bierlein nun tatsächlich mit dem lang gelebten Inseratensystem brechen, drohen österreichischen Zeitungen erhebliche Verluste. Florian Skrabal schätzt die Summe auf drei bis fünf Millionen Euro. Zwar sind die öffentlichen Inserate ein fixer Faktor für viele Verlage, überlebensnotwenig seien sie deswegen aber nicht automatisch, glaubt der "Dossier"-Chefredakteur. "Es gibt Medien wie die "Kronen Zeitung", die Marktführerin in Österreich ist, die natürlich auch ohne öffentliche Inserate überleben würde. Die Frage ist dann halt, wie viel Gewinn man macht." Spürbar wäre eine neue Zurückhaltung bei der Inseratenvergabe aber allemal.

Die wahre Presseförderung

Skrabal stellt das ganze System in Frage: "Es ist leider so, dass Inserate wie Presseförderung verwendet werden – intransparent, nicht nach Qualitätsmerkmalen, und zum Teil werden die Inserate auch freihändig vergeben." So entstünden Gefälligkeiten und Abhängigkeiten zwischen Politik und Medien. Die Erwartungshaltung auf Seiten der Politik sei wohlwollende Berichterstattung.

Kein Geld mehr für "Zur Zeit"

Inwieweit unter der Beamten-Regierung nun tatsächlich neue Zeiten anbrechen, wird sich erst zeigen. Gebuchte Aufträge sollen nicht storniert werden, heißt es. Dieser Tage hat etwa das Finanzministerium "Zolltipps" inserieren lassen. Eine konkrete Ansage gibt es indes aus dem Verteidigungsministerium. Minister Thomas Starlinger will Inserate an einschlägige rechte Medien wie "Zur Zeit" einstellen. Mit der FPÖ-Regierungsbeteiligung flossen dorthin nämlich erstmals auch öffentliche Gelder.

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