Theaterzettel in polnischer Sprache zu einer Aufführung der Oper "Halka"

BILD ARCHIV AUSTRIA

Opernabend

"Halka" mit Corinne Winters und Piotr Beczala

Das RSO Wien spielt Stanislaw Moniuszkos "polnische Nationaloper"

Piotr Beczala

MONIKA RITTERSHAUS

Piotr Beczala

Wenn Geld ein Maßstab für Wertschätzung ist, dann dürfte die Frage entschieden sein, vor welchem Komponisten die polnischen Musikliebhaber/innen niederknien. Vor der Währungsumstellung 1995 war Fryderyk Chopin auf dem 5.000-Zloty-Schein verewigt, aber wohl dem, der Stanislaw Moniuszko im Geldbörsel hatte: Das Porträt des vor genau 200 Jahren geborenen polnischen Nationalkomponisten prangte auf der 100.000-Zloty-Banknote.

Einst umgarnt, dann vergessen

Moniuszko bereiste ganz Europa und wurde von den berühmtesten Kollegen umgarnt. Er sicherte sich in St. Petersburg die Freundschaft von Michail Glinka und Alexander Dargomyschski, traf in Paris auf Auber und Rossini sowie in Prag auf Smetana und in Weimar auf Liszt. Gleichwohl geriet er zwischen die Fronten. Als er 1872 an einem Herzinfarkt starb, war Polen Spielball der Russen, Preußen und Österreicher geworden, die allesamt wenig Interesse daran hatten, einen genuin polnischen Komponisten zu propagieren. So vergaß ihn die europäische Musikgeschichte.

Die Lebensleistung von Moniuszko gebietet Ehrfurcht. Neben zehn Kindern hinterließ er sechs Kantaten, sechs Operetten und acht Opern, die unaufgeführten und verschollenen Werke nicht mitgerechnet. Seine 300 Lieder werden durch die zwölfbändige Liedersammlung "Spiewnik domowy" gekrönt, die ihm den Spitznamen "polnischer Schubert" eintrug.

Unerfüllte Liebe

Was blieb, war die Oper "Halka", 1858 in Warschau uraufgeführt. Sie erzählt vom Schicksal des Mädchens Halka, das den jungen Gutsherrn Janusz liebt und daran zerbricht, dass dieser sich für die reiche Zofia entscheidet und nicht den Mut findet, Halka reinen Wein einzuschenken. In ihrem Zorn will sie die Dorfkirche anzünden, in der Janusz und Zofia sich trauen lassen, wird aber ertappt und flieht in den Freitod.

Dass dieser Balladenstoff Generationen von Polen und Polinnen zur Identifikation einlud, lag zum einen am Libretto des revolutionären Dichters Wlodzimierz Wolski, der die romantisch-tragische Liebesgeschichte sowohl in ein soziales Spannungsfeld tauchte - Janusz ist adeliger, Halka bäuerlicher Herkunft - als auch in ein ethnisches: Während Janusz der polnischen Mehrheit angehört, ist Halka Angehörige der Goralen, einer Minderheit im tschechischen und slowakischen Grenzgebiet.

Halka-Ausschnitt

MONIKA RITTERSHAUS

Vorbote des Nationalstils

Zum anderen nahm Moniuszko Anleihen bei polnischer Volksmusik. Mazurken und Polonaisen durchziehen eine Musik, die an den besten Komponisten des 19. Jahrhunderts geschult ist. So reiht sich Moniuszko neben Glinka und Smetana in die Vorboten des Nationalstils ein, der in den kommenden Jahrzehnten auf der musikalischen Tagesordnung stehen sollte.

Das Theater an der Wien hat für diese Produktion mit dem RSO Wien eine Starbesetzung auf die Bühne geholt, angeführt von Piotr Beczala und der Sopranistin Corinne Winters. Am Pult steht Lukasz Borowicz.

Text: Christoph Becher, Intendant des RSO Wien

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