Peter Klien

APA/ORF/ROMAN ZACH-KIESLING

Hinter den Kulissen

Gags, Gags, Gags und Spaßbremsen

Ob es das Corona-Virus ist oder der Wiederkehrer Heinz-Christian Strache: Stermann und Grissemann lassen keinen Gag aus. "Gags, Gags, Gags!" ist denn auch der Schlachtruf bei "Willkommen Österreich", bei Peter Klien heißt es " Sie werden lachen, es wird ernst" und bei Rudi Fußi auf Puls24 ist der Name Programm: "Bussi Fussi!" Sie alle wären nichts ohne die Leute im Hintergrund: die die Gags schreiben, die TV-Sendungen und Soziale Netzwerke nach Witzigem durchforsten, die die Fakten für Erklärstücke recherchieren.

Die Entstehung von Beiträgen für Satire-Sendungen ist ein komplexes Hin und Her. Beispiel "Gute Nacht Österreich": auf der einen Seite die Leute von der "Dossier"-Redaktion, die Fakten recherchieren und checken, dort die Autoren, die Gags schreiben und mit den Sendungsmachern ständig im Austausch sind. Jeder schickt in den Gruppen-Chat, was ihm zum Sendungsthema einfällt. Daraus wird am Ende eine Art Drehbuch, und immer wieder wird geprüft, ob die Witze die Fakten verfälschen, oder ob es noch passt. Nichts sei peinlicher, als wenn man sich über Dinge lustig macht, die nicht stimmen, sagt Gerald Fleischhacker.

"Dass es stimmt, ist unsere Verantwortung"

Fleischhacker arbeitet mit "Dossier" für die Sendung "Bist du deppert" auf Puls4 zusammen, die Berichte des Rechnungshofs und Gerichtsfälle satirisch aufbereitet. Er erlebt das so: "Die von Dossier sagen dann, ja das ist sehr lustig, aber das geht nicht. Weil es nicht stimmt. Dann wird das gemeinsam erarbeitet, und auch beim Dreh ist immer jemand von ihnen dabei. Die Spaßbremse, wie wir sagen." Georg Eckelsberger von "Dossier" ist so eine Spaßbremse, und er sagt über die Rollenverteilung ganz trocken: "Dass es lustig ist, ist ihre Verantwortung. Das es stimmt, ist unsere Verantwortung." Und stimmen muss es, das ist natürlich auch Gerald Fleischhacker klar. Nichts sei peinlicher, als wenn man sich über Dinge lustig macht, die nicht stimmen, sagt er.

Harte Bandagen zu Novomatic und Boulevard

Noch wichtiger ist die Recherche, wenn man heikle Themen aufgreift wie "Gute Nacht Österreich". Da gab es schon beinharte Beiträge etwa über den Glückspielkonzern Novomatic und über den österreichischen Zeitungsboulevard. Zuletzt ging es um die "Pink Tax" - warum Produkte und Dienstleistungen speziell für Frauen oft teurer sind als Sachen für Männer. Zuletzt haben Peter Klien und sein Team mit einem Erklärstück über die Orbanisierung - sprich staatliche Kontrolle - der ungarischen Medienwelt einen Coup gelandet. Hunderttausende Zugriffe vor allem auch in Ungarn, der Sendungsteil war nämlich ungarisch untertitelt.

Satirischer Journalist und Übersetzer

Klien ist mit der Bezeichnung "satirischer Journalist" einverstanden. Rudi Fußi sieht sich nicht als Journalist. Er will mit seinem neuen Format beim Infosender Puls24 der deutschen ProSieben-Sat1-Gruppe schon aufklären, aber im Sinne von Übersetzen - und zwar mit klarer linker Haltung. Fußi hat daraus nie ein Hehl gemacht. "Ich glaube nicht, dass die Mehrheit bei uns will, dass Leute im Mittelmeer ersaufen. Ich glaube auch nicht, dass die Mehrheit das leiwand findet, dass Milliardenerben keine Steuer zahlen. Es wird nur völlig falsch erklärt und übersetzt." Das will Fußi ändern, und dabei scheut er auch vor der Moralkeule nicht zurück. Mit dem Appell, frierende Kinder aus den Flüchtlingslagern herauszuholen, hat er jedenfalls Gespür bewiesen. Das Thema beschäftigt jetzt die Innenpolitik.

Ein kleiner Diamant namens Rudi Fußi

Die Einschaltquote bei der Premiere von "Bussi Fussi" war überschaubar, laut Teletest waren es 5.000 Zuschauer bei der Erstausstrahlung. Fußi meint, das sei kein Drama. Jetzt gehe es darum, das Format weiterzuentwickeln und erfolgreich zu machen. Satire wird auch im Internet auf Social Media gern angeklickt, das ist ein Hoffnungsgebiet, das Puls24 auch bearbeitet. Senderchefin Stefanie Groiss-Horowitz nennt Fußi einen "kleinen Diamanten im Programm" und will ihn zu einem Zugpferd für den Infokanal mit dem noch eher schwachen Marktanteil von 0,3 Prozent machen. Sie weiß: Satire-Formate haben das Potenzial dazu. Dass Fußi auf Ausgewogenheit keinen Wert legt, sei kein Problem, sagt Groiss-Horowitz: "Was ich nicht akzeptieren würde, ist, wenn Fakten verbogen werden, um die eigene Haltung vielleicht zu untermauern." Denn Satire sei den Fakten verpflichtet, aber nicht der Ausgewogenheit.

ORF-Satiresendungen sind Quotenbringer

Im öffentlich-rechtlichen ORF ist das anders, da muss - nicht in jeder Sendung, aber im Gesamtbild -, auch Satire ausgewogen sein. ORF1-Channelmanagerin Lisa Totzauer auf die Frage, ob es Interventionen gibt: "Ich hab von außen noch nie einen Anruf bekommen. Manchmal ist es aus dem Haus ein bisschen eine Unsicherheit, fast eine vorauseilende Angst." Das bestärke sie aber nur, bei den Formaten dranzubleiben. Mutige politische Satire sei sehr wichtig für das Selbstbewusstsein und die Unabhängigkeit des ORF, sagt Totzauer. Und Satire bringt vor allem Quote: "Willkommen Österreich" sei ein absolutes Top-Produkt mit heuer im Schnitt rund 400.000 Zuschauern pro Folge, ein Zehntel davon zeitversetzt über On-Demand-Angebote wie A1 TV und via TVthek.

"Digitale Zukunft ist spielentscheidend"

"Gute Nacht Österreich" mit Peter Klien hält bei im Schnitt rund 230.000 Sehern, davon sogar 20 Prozent zeitversetzt. Das Netz und die Social Media Kanäle spielen bei satirischen Inhalten eine große Rolle, die würden die Sendungsmacher gern viel mehr bespielen. Aber das ORF-Gesetz ist dieser Hinsicht immer noch ein enges Korsett. Die Senderchefin hofft auf baldige Besserung: "Für ORF1 und besonders für die Satire-Formate ist die digitale Zukunft extrem wichtig. Wir haben größtes Interesse, dass der ORF-Player rasch umgesetzt werden kann." Denn das, so Lisa Totzauer, sei gerade bei Satiresendungen einfach "spielentscheidend".

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