Jürgen Marschal, Fritz Jergitsch, Paul Kraker, Sebastian Huber und Peter Klien

APA/HERBERT PFARRHOFER

Satirischer Journalismus

Lizenz zum Witzeln ist noch männlich

Steven Colbert, John Oliver, Jan Böhmermann, Oliver Welke, Peter Klien und Rudi Fußi. Ob in den USA, in Deutschland oder Österreich – politische Satireformate sind auffallend männlich. Und das gilt nicht nur für die Stars, sondern auch für die Witze-Autoren, die für Shows wie "Gute Nacht Österreich" und "Willkommen Österreich" im ORF oder "Bussi Fussi" und "Bist du Deppert" auf Puls4 arbeiten.

"Sowohl im Vordergrund als auch im Hintergrund ist es eine extrem männlich dominierte Branche", sagt Lisa Totzauer, Channelmanagerin von ORF1 und damit Verantwortliche für die Satiresendungen. Frauen in der Comedy-Branche hätten keine Tradition, sagt Totzauer. "Wir bemühen uns sehr, unterstützend und mutmachend zur Seite zu stehen, aber es ist tatsächlich ein Defizit." Auch Peter Klien, Anchor von "Gute Nacht Österreich", ist sich der Problematik bewusst. In seiner Nachrichtenshow wird es künftig Auslandskorrespondenten geben und die sollen zumindest zur Hälfte weiblich sein, sagt Klien zu #doublecheck.

Alte Rollenmuster und Sexismus

Das Bewusstsein für die Unausgewogenheit ist also da, doch an Erklärungen mangelt es. Die Kabarettistin und Schauspielerin Nadja Maleh führt es auf hartnäckig verhaftete Rollenmuster zurück. "Ich höre noch immer regelmäßig, dass ich für eine Frau lustig bin." Absurd, findet Maleh, denn ein Kabarettist würde nie hören, dass er für einen Mann komisch sei.

Zudem würden Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, ohnehin oft zur Zielscheibe abwertender, sexistischer Kommentare, nicht nur im Netz. Äußert sich die Komikerin politisch, begibt sie sich damit auf noch heikleres Terrain, glaubt Maleh. "Solange Frauen so viel Angriffsfläche allein durch ihr Frausein bieten, möchten sie möglicherweise durch ein politisches Statement nicht auch noch zusätzliche Angriffsfläche bieten."

600 Bewerbungen, 90 Prozent Männer

Auch das Kernteam des Satire-Portals "Die Tagespresse" ist derzeit rein männlich, wobei es immer wieder auch freie Autorinnen gibt. Gründer Fritz Jergitsch erzählt, wie schwierig es ist, Schreiberinnen zu finden. Man habe eine Stellenausschreibung gemacht, die Anforderung war, drei lustige Headlines einzuschicken. "Es haben sich 600 Leute beworben. Davon waren 90 Prozent Männer." Das habe ihn nachdenklich gemacht, sagt Jergitsch. "Ich glaube, dass es früher dieses Rollenbild gegeben hat, dass sich eine Frau nicht auf die Bühne stellen und Witze machen darf." Aber das würde sich mit Künstlerinnen wie Stefanie Sargnagel, Lisa Eckhart oder Erika Ratcliffe langsam ändern.

Frauen erzählen andere Witze

In den USA, wo die Satire unter Präsident Donald Trump wieder zu einer neuen Höhe gelangt ist, gibt es mittlerweile schon einige Frauen, die auftrumpfen. Etwa die Kanadierin Samantha Bee. Sie präsentiert die Late Night Show "Full Frontal with Samantha Bee", in der sie wöchentlich bissige politische Satire liefert. Bevor Bee eine eigene Show bekam, war sie Teil der "Daily Show" mit Jon Stewart, als Korrespondentin. Auch die Comedian Michelle Wolf ist jüngst ins Lampenlicht gerückt, nachdem sie beim jährlichen White House Correspondent‘s Dinner mit einer harten Polemik international für Furore gesorgt hat.

Wolf, Bee und andere weibliche Comedians greifen viel öfter Themen auf, die auch für Zuseherinnen relevant sind, etwa Abtreibungsrechte oder die Me-too-Bewegung. Wer das Land zum Lachen bringt, ist demnach wichtig, sagt auch Gerald Fleischhacker, Kabarettist und Puls4-Comedy-Moderator. Es sei wie beim Skikurs: "Wenn immer dieselben Leute zusammensitzen, neigen sie auch zu denselben Scherzen."

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