Max Reinhardts Regiebuch zum "Jedermann" - APA/BARBARA GINDL
Radiokolleg
100 Jahre Salzburger Festspiele
Friedensprojekt, "großes Welttheater", Weltmarke und "Zentrum der Kunst": all das und noch viel mehr sind die Salzburger Festspiele nun schon seit genau 100 Jahren.
11. Juli 2020, 01:20
Zu den Sendungen
Radiokolleg - I | 13 07 2020
Radiokolleg - II | 14 07 2020
Radiokolleg - III | 15 07 2020
Radiokolleg - IV | 16 07 2020
Als "Herz vom Herzen Europas", so bezeichnete Hugo von Hofmannsthal, einer der Gründerväter der Salzburger Festspiele, die Stadt Salzburg. Die "wundervolle zentrale Lage und ihre landschaftliche und architektonische Pracht", sei prädestiniert, um Salzburg zu "einer Weltkunstzentrale auf österreichischem Boden" zu machen.
Am Anfang war Mozart
Schon lange bevor am 22. August 1920 erstmalig aus dem Jenseits nach dem "Jedermann" am Domplatz gerufen wurde, gab es Ideen, Festspiele in Salzburg zu veranstalten. Die Wurzeln dazu reichen bereits zurück bis ins Jahr 1842, als die Stadt ihrem genius loci, Wolfgang Amadeus Mozart, ein Denkmal stiftete und damit die Mozartverehrung in Salzburg an Fahrt gewann. Seit 1877 wurden in unregelmäßigen Abständen Mozart-Feste veranstaltet und der Plan, eine jährliche Reihe, wie in Bayreuth rund um Richard Wagner, zu veranstalten, setzte sich in den Köpfen fest.
Projekt der ausgehenden Monarchie
Der Theatermacher Max Reinhardt brachte schließlich mitten im Kriegsjahr 1917 Bewegung in das Projekt, er reichte bei der Generalintendanz der k. u. k. Hoftheater eine "Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn" ein. Außerdem wurde in Wien am 14. Juni desselben Jahres der Verein der "Salzburger Festspielhaus-Gemeinde" gegründet, Mitglieder waren unter anderem der Dichter Hugo von Hofmannsthal, der Komponist und Dirigent Richard Strauss, der damalige Staatsoperndirektor Franz Schalk und der Bühnenbildner und Direktor der Kunstgewerbeschule Alfred Roller.
Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal intensivierten in langen Gesprächen auf Schloss Leopoldskron die Bemühungen um den Bau eines Hauses und der Abhaltung von Festspielen. Hofmannsthal veröffentlichte ab 1918 Denkschriften zur Ausrichtung der Festspiele, auch dahingehend, welcher Fokus in der Programmgestaltung verfolgt werden solle:
Um was handelt es sich da, um Oper oder Schauspiel oder um Musikfeste? Um Oper und Schauspiel zugleich, denn die beiden sind im höchsten Begriff nicht voneinander zu trennen.
Durch die Trennung in drei Sparten ist dieser Grundgedanke nie ganz Realität geworden, aber die Schrift zeigt auch, dass man von der Idee reiner Mozartfestspiele in der Zwischenzeit eindeutig abgerückt war.
APA/Max Reinhardt Forschung/HPK
Werner Krauss (Tod) und Johanna Terwin (Buhlschaft) in Max Reinhardts "Jedermann"-Inszenierung des Jahres 1921 auf dem Salzburger Domplatz
Improvisierter Start mit "Jedermann"
Die Festspielhaus-Gemeinde erkannte schließlich, dass die Finanzierung und der Bau eines eigenen Festspielhauses wohl noch längere Zeit in Anspruch nehmen würde und beschloss im Juni 1920, in der zweiten Augusthälfte mit der Abhaltung der Festspiele zu beginnen. Auf einer provisorischen Bretterbühne am Domplatz, mit ausgeborgten Kostümen vom Burgtheater und aus Gasthäusern geliehenen Stühlen für das Publikum, feierten die Festspiele mit Hofmannsthals "Jedermann" unter Reinhardts Regie, schließlich am 22. August Premiere.
Salzburg - Wien
Die Kooperation mit den Wiener Institutionen war in den Anfangsjahren der Festspiele sehr stark ausgeprägt. Musikalisch geschah dies vor allem durch Richard Strauss, der zur damaligen Zeit Co-Direktor der Wiener Staatsoper war und einige Produktionen der Staatsoper im Sommer in Salzburg zur Aufführung brachte. Das Staatsopernorchester, außerhalb der Oper ja als "Wiener Philharmoniker" bekannt, knüpfte dadurch bereits in den Gründungsjahren enge Bande zu den Salzburger Festspielen und seit 1925 ist das Sommerengagement ein Fixpunkt im Jahreskalender des Orchesters.
Josef Brettenthaler: Erinnerungen an den ersten "Jedermann" (ORF-CD 820)
Dem Anfang dieses heute so großen und weltweit bekannten Festivals liegen viele Provisorien zu Grunde, doch die Begeisterung und das Herzblut, das in dieses Projekt investiert wurde, führte schließlich bald zu einem nachhaltigen Erfolg der Salzburger Festspiele.
Text: Michaela Schierhuber