Eine Frau in rosa Kleid bewegt sich rasch durch den Raum.

CHRISTIAN CLARKE

Hörbilder

Eine Sprache für das Leben finden

Die Choreografin und Tänzerin Pina Bausch hat den Tanz revolutioniert. Zusammen mit ihren Tänzerinnen und Tänzern ist sie einen Weg der Menschen- und Selbsterkundung gegangen, der Anfang der 1970er Jahre begann und zum Ziel hatte, "eine Sprache für das Leben zu finden" (Pina Bausch). Mit über vierzig Stücken hat die Choreografin das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch zu Weltruhm geführt.

Pina Bausch

Pina Bausch

WILFRIED KRÜGER

"Eigentlich wollte ich immer nur tanzen ..."

"... Ich musste und musste tanzen. Das war die Sprache, mit der ich mich ausdrücken konnte. Aber die Verantwortung als Choreografin hat immer wieder den Drang zu tanzen aufgeschoben. So ist es gekommen, dass ich meine Liebe, die ich in mir habe, diesen großen Wunsch zu tanzen, an andere weitergegeben habe." PIna Bausch

1940 in Solingen geboren, wuchs Pina Bausch in der Gastwirtschaft ihrer Eltern auf. Schon im frühen Alter zeigte sich das außergewöhnliche Bewegungstalent von Pina Bausch. Mit 14 Jahren bestand sie die Aufnahmeprüfung für Tanz an der Folkwangschule in Essen, heute Folkwang-Universität. Kurt Jooss, der legendäre Tänzer und Choreograf wurde ihr wichtigster Lehrer. Er erkannte schnell das große Talent von Pina Bausch. Ende der 1950er Jahre vermittelte er seiner Schülerin ein Stipendium in New York an der berühmten Juillard School. Nach zwei Jahren kehrte sie nach Essen zurück, wurde Assistentin von Jooss, tanzte in seinen Stücken und erarbeitete erste kleinere eigenen Choreografien.

Theater aus Tanz, Sprache, Musik

1973 folgte sie dem Ruf des damaligen Wuppertaler Generalintendanten Arno Wüstenhöfer als Leiterin des Wuppertaler Balletts. Zunächst choreografierte Pina Bausch Stücke, in denen Inhalt und Musik vorgegeben waren: die Gluck-Opern "Iphigenie" und "Orpheus und Eurydike", Strawinskys "Sacre du printemps". Danach, bei "Macbeth" (nach Shakespeare) und "Blaubart" (nach Bartok) zeigte sich schon die kreative und innovative Kraft der Choreografin und ihrer Kompanie: ein Tanztheater aus Tanz, Sprache, Musik.

Viele kleine Geschichten aus dem Leben

Dann folgten die ersten freien Arbeiten, in denen nicht mehr eine Geschichte erzählt, sondern viele kleine, die simultan auf der Bühne zu sehen waren - Geschichten aus dem Alltag, dem Leben. In diesen ersten Jahren arbeitete der geniale Zeichner, Maler und Bühnenbildner Rolf Borzik an der Seite von Pina Bausch - es war eine ungewöhnlich intensive Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Er sei immer da gewesen, habe sie immer beschützt und geschützt, so Pina Bausch. Und viele seiner Ideen sind in die Stücke eingeflossen. Rolf Borzik starb 1980 an Leukämie.

Laufen, klettern, schreien, lachen

In den nachfolgenden Jahrzehnten entstanden fast jedes Jahr zwei Stücke. Bühnenbildner war nun Peter Pabst. Grundlage für jedes neue Stück war eine besondere Arbeitsmethode von Pina Bausch, die sie bis zu ihrem Tod beibehielt: Sie stellte ihren TänzerInnen Fragen, die diese szenisch beantworteten. Dabei gingen sie oft weit zurück in ihre Kindheit. Auf der Bühne wurde nicht mehr ausschließlich getanzt - zeitweise fast gar nicht mehr -, sondern gelaufen, gerannt, geklettert, gerufen, geschrien, gelacht, geweint. In den ersten Jahren reagierte das Publikum mit Unverständnis, Aggression und Pöbelei.

"Es war halt Pina, die jede Nacht bis morgens um drei, vier Uhr gearbeitet hat. Und Rolf (Borzik) auch. Man saß in irgendeiner Kneipe, man trank gar nicht viel, sondern man arbeitete. Wenn man dann sagte: 'Naa bitte, ich kann nicht mehr', dann sagte Pina immer: Ooch, noch ein Weinchen und ein Zigarettchen, aber nicht nach Hause. Und das wurde ein Spruch zwischen uns." Schauspielerin Mechthild Großmann

Erst als in New York Pina Bausch zur "Königin des Tanzes" ausgerufen wurde, änderte sich auch das Wuppertaler Publikum. Weltweite Gastspiele mehrten den Ruhm des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch: die „Sprache für das Leben“ verstanden und bejubelten die Menschen nun überall auf der Welt. Pina Bausch wurde mit vielen Preisen und Ehrendoktorwürden geehrt. Auch mit dem japanischen Kyoto-Preis, dem Kunst-Nobelpreis. Im Juli hätte die 2009 verstorbene Künstlerin ihren 80. Geburtstag gefeiert. Ihr Werk lebendig zu erhalten ist die Aufgabe des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch und der Pina Bausch Foundation, die von Salomon Bausch, dem Sohn der Choreografin, geleitet wird.

Text: Anne Linsel

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