Rauch über einer Kleinstadt in Afghanistan.

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Journal-Panorama

Abgeschoben in die Hoffnungslosigkeit

In den vergangenen Monaten und Jahren hat Österreich viele afghanische Flüchtlinge und Migranten wieder in ihr Heimatland abgeschoben - auch solche, die sich gut integriert, hier sogar einen Beruf gelernt hatten. Was sie erwartet ist Elend und Aussichtslosigkeit.

Am 2. November 2020, jenem Tag, als in Wien ein IS-Terrorist vier Menschen tötete, attackierten in der afghanischen Hauptstadt Kabul IS-Anhänger die Universität. Mindestens 22 Studierende starben dort im Kugelhagel. Terror, Kriege, gewalttätige Konflikte - das ist seit 40 Jahren der Alltag in Afghanistan. Deshalb fliehen die Menschen in die Nachbarländer Iran und Pakistan und auch nach Österreich.

Jeder hat eine Waffe. Sie töten eine Person wegen vielleicht 100 Euro. Wegen ein Handy. Wegen ein Fahrrad.

Das ist Aref. Er war Flüchtling in Österreich. Zwei Jahre lebte er in Bruck an der Leitha. Im Jänner 2018 wurde er abgeschoben.

"Aref hat innerhalb kürzester Zeit sehr gut Deutsch gelernt. Und er war auch einer jener, die sofort überall mitgeholfen haben, wo man sie gebraucht hat, beim Roten Kreuz, beim Fußballverein, überall dort, wo man Hilfe gebraucht hat, war er zur Stelle“, sagt Helga Longin vom Verein "Bruck hilft".

In Afghanistan war Aref Polizist. Er wurde von den Taliban bedroht, deshalb floh er. In Österreich wurde sein Asylansuchen negativ entschieden. Es gebe sichere Städte in Afghanistan, beschied der Richter. Zum Beispiel Mazar-e Sharif. Doch nirgendwo ist es sicher in Afghanistan.

Es hat weh getan hat, dass ich vom Staat gar nicht geschätzt wurde. Die Lehrer waren alle begeistert, wie ich talentiert bin, und wie ich lernfähig bin und lernwillig bin. Ich bräuchte nur drei Monate, meine Ausbildung zu beenden, ich hatte Jobzusage.

Ahmad wuchs im Iran auf und machte in Kabul die Matura. Er flüchtete von dort, weil er die ständige Bedrohung nicht aushielt. In Österreich lernte er schnell Deutsch. Ab Herbst 2016 besuchte er ein HTL-Kolleg für erneuerbare Energie in Wiener Neustadt. Doch sein Asylantrag wurde abgelehnt. Im April 2018 wurde er abgeschoben.

Nach seiner Abschiebung fiel Ahmad in eine tiefe Depression. Jetzt studiert Ahmad Wirtschaft in Indien - mit der finanziellen Hilfe seiner Unterstützerinnen und Freunde in Österreich. Sein Ziel nach dem Bachelor: mit einem Arbeitsvisum nach Deutschland oder Österreich zu kommen.

Abschiebung nach Lehrabschluss

Moshtaq hat in Unken im Pinzgau eine Lehre als Koch in einem Viersternehotel gemacht. Im März 2020 bestand er die Abschlussprüfung. Wie? "Ja, mit Auszeichnung. Er ist ein super Koch! Perfekt", sagt Hotelchefin Gerti Unseld.

Bis vor zwei Jahren durften Asylwerber in einem Mangelberuf eine Lehre machen. Doch viele erhielten trotz Lehre und bester Integration weder Asyl noch einen sonstigen Aufenthaltstitel. Nach derzeitiger Regelung müssen sie nach ihrem Lehrabschluss Österreich verlassen.

So wie Moshtaq. Nachdem sein Asylantrag abgelehnt wurde, stellte er einen Antrag auf eine Arbeitsgenehmigung. Doch die Fremdenpolizei suchte ihn wiederholt, um ihn abzuschieben. Schließlich stimmte er einer „freiwilligen“ Rückkehr zu. Fünf Tage nach seinem Flug nach Kabul erhielt er tatsächlich in Österreich eine Arbeitsgenehmigung.

Umstrittene Abschiebepraxis

Österreichweit sind derzeit noch 434 Asylwerber in einer Lehrausbildung. Ein Teil von ihnen hat einen negativen Asylbescheid. Die Unternehmen kämpfen um ihre Lehrlinge, zahlen Anwaltskosten, schreiben an Wirtschaftskammer und Politiker. Ein Unternehmer aus Kapfenberg hat angekündigt, die Republik Österreich auf 50.000 Euro Entschädigung für die Ausbildungskosten zu verklagen, sollte sein Lehrling abgeschoben werden. Hinter den Kulissen, so heißt es aus der Wirtschaftskammer Oberösterreich, wird nach einer Lösung gesucht, damit die Lehrlinge doch noch einen Aufenthaltstitel erhalten und dableiben können, etwa über die Rot-Weiß-Rot-Karte.

Gestaltung: Margarete Endl