Dieter Kosslick

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"Immer auf dem Teppich bleiben"

Dieter Kosslicks Autobiografie

18 Jahre lang - von 2001 bis 2019 - war Dieter Kosslick Leiter der Berlinale, eines der größten Filmfestivals der Welt. 18 Jahre in denen Kosslick viel erlebt und daher auch viel zu erzählen hat. Das tut der gebürtige Schwabe nun mit seinem Buch "Immer auf dem Teppich bleiben", einer Mischung aus klassischer Autobiografie, Berlinale-Anekdoten und ökologischen Perspektiven für die Filmbranche.

"Ich hatte gut zu tun und mich bisher noch nicht gelangweilt." Dass Dieter Kosslick nach seiner letzten Berlinale 2019 auf der faulen Haut liegen würde, hat ohnehin niemand erwartet. Beraterverträge, der Vorsitz einer Film-Jury, und eben auch das Schreiben seiner Autobiografie halten den nunmehr 72-Jährigen auf Trab.

Ohnehin musste Kosslick zwei Mal mit dem Buch beginnen, denn eine erste Version mündete in folgendem Resümee: "Der kleine Dieter, der alleine mit seiner Mutter in Baden-Württemberg aufwächst, schafft es auf den Roten Teppich der großen Filmwelt - so ein Buch wollte ich nicht", meint Kosslick.

Dieter Kosslick im Gespräch

Benno Feichter

Ökologisierung der Filmbranche

Die zweite Version gliedert sich nun in drei Teile: beruflicher Werdegang, insbesondere bei diversen Filmförderorganisationen, danach Erheiterndes aus dem Berlinale-Alltag etwa im Umgang mit Filmstars wie Meryl Streep, Charlotte Rampling und Juliette Binoche, schließlich im dritten Teil Kosslicks Mahnungen für eine umfassende Ökologisierung der Filmbranche:

"Das muss eindeutig in Richtung 'grün' gehen!" Dieter Kosslick

Buchumschlag

HOFFMANN UND CAMPE

Ein großes Enthüllungsbuch ist "Immer auf dem Teppich bleiben" nicht geworden; vorsätzliche Indiskretion nicht die Währung, mit der sich Dieter Kosslick profilieren möchte - "wollte mir keine billigen Lacher auf Kosten anderer abholen". Und so gibt es kaum tiefere Einblicke in die Spielarten der Festivalpolitik, etwa in die Konkurrenzverhältnisse zu Festivals wie Cannes und Venedig, in Lobbyingversuche von Filmschaffenden hinter den Kulissen oder in die Begehrlichkeiten von Politikern: "Das wäre ein interessantes Buch. Es könnte ja ein zweites Buch geben, und das heißt dann 'Nicht alles unter den Teppich kehren'", so Kosslick im Ö1 Interview.

"Filmemacher nicht gefährden"

Und weil Kosslick bei der Berlinale auch immer wieder politisch verfolgten Filmemachern aus China und wie etwa Jafar Panahi aus dem Iran eine Bühne geboten hat, war zusätzliche Vorsicht angesagt: "Die meisten davon leben ja noch. Ich hab ja mitgekriegt, wie leicht man die gefährden kann, also dass sie mit Berufsverbot belegt werden oder am Ende gar ins Gefängnis kommen."

"Grammerl beim Heurigen"

Privat würde Kosslick in den nächsten Jahren gerne jeweils für einige Monate an verschiedenen Orten leben, beginnend in Wien, was "vielleicht auch damit zu tun hat, dass ich früher - als ich noch kein Vegetarier war - beim Heurigen so gerne Grammerl (sic!) gegessen habe". Dass er in Corona-Zeiten keine - heuer ohnehin modifizierte - Berlinale mehr verantworten muss, weiß Kosslick übrigens durchaus zu schätzen: "Da drücke ich meinen Nachfolgern die Daumen, meine Sache wäre das nicht gewesen."

Service

Dieter Kosslick, „Immer auf dem Teppich bleiben - Von magischen Momenten und der Zukunft des Kinos“, Hoffmann und Campe

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger

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