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Die EU dreht "Russia Today" und "Sputnik" ab

Sanktionen gegen Staatsmedien

Die Europäische Union hat angesichts des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine einen beispiellosen Schritt gesetzt und die Staatsmedien RT - früher "Russia Today" - und "Sputnik" verboten. Ein Akt nahe an der Zensur, der sich aber damit rechtfertigen lässt und etwa von der österreichischen Medienministerin so gerechtfertigt wird, dass sich die betroffenen Medien selbst als vom russischen Verteidigungsministerium gesteuert sehen. Quasi als Waffe im gerade wild tobenden Informationskrieg.

"Russia Today", also RT, ist mehr als ein Propaganda-Instrument des Kreml, mit dem Budget kann sich in Europa nur BBC World News messen, wie Stephen Hutchings von der Universität Manchester bei einer Veranstaltung des Presseclubs Concordia betonte. Er hat mit seinem Team untersucht, wie RT arbeitet und welche Wirkung es hat. Professionell gemacht, arbeitet der Sender aus 22 Büros weltweit mit Clickbait – postet also Promi-Klatsch und ähnliches, um die Menschen über Social Media auf die Website zu locken, wo man dann mit Desinformation zugeschüttet wird.

Wladimir Putin und Karin Kneissl

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Wladimir Putin und Karin Kneissl

Auch RT-Expertin Kneissl muss verstummen

Die frühere österreichische Außenministerin auf einem FPÖ-Ticket, Karin Kneissl - jeder erinnert sich an den Auftritt von Wladimir Putin bei ihrer Hochzeit in der Südsteiermark und den Knicks, den sie vor ihm gemacht hat – die hat da auch mitgemischt. Als Expertin zugeschaltet, hat sie den Einmarsch von Putins Truppen in der Ukraine so kommentiert: "It's nothing new in history, the emergence of new states, the recognition of states. This is something that has been happening in the 90s nearly on a weekly basis." Nichts Neues, gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen. Dass RT getrommelt hat, Russland würde sich mit dem Einmarsch nur verteidigen und nur militärische Ziele im Visier haben, passt dazu.

Verbreitungsverbot auf allen Kanälen

Das EU-Verbot gilt auf allen Kanälen, also auch auf Social Media. Das tut RT besonders weh, dort haben sie in Europa die größten Zugriffszahlen, der Konsum via TV-Gerät sei in Europa vernachlässigbar, so Hutchings. Laut Verordnung des Europäischen Rates, die in Österreich unmittelbar gilt, umfasst das Verbot die Verbreitung über Kabel, Satellit, IP-TV, Internet-Dienstleister und Internet-Video-Sharing-Plattformen. Umsetzen müssen das die nationalen Medienbehörden, es wird auch eine Gesetzesanpassung in Österreich notwendig sein. Vor kurzem hatte RT noch versucht, in Österreich Fuß zu fassen, und begonnen, Personal zu rekrutieren. Das hat sich erledigt.

Fernsehmischpult, Russia Today

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"Der Sender des russischen Verteidigungsministeriums"

Medienministerin Susanne Raab sagt: "Ich begrüße das sehr, weil Russia Today ist ein Instrument der russischen Kriegsführung und daher ist das Verbot der Verbreitung für den europäischen Raum auch ein ganz zentrales." RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan hat da immer mit offenen Karten gespielt, Stephen Hutchings zitiert sie: "So it is a weapon in information war. RT is the broadcaster of the Russian Ministry of Defense." Eine Waffe im Informationskrieg, Sender des Verteidigungsministeriums. So lässt sich der Bann, dem sich YouTube, Facebook, TikTok und Microsoft schon vor dem EU-Beschluss angeschlossen haben, wohl begründen.

Im Social Media Krieg ist die Ukraine überlegen

Russland ist zwar militärisch haushoch überlegen, in diesem Informationskrieg hat der Kreml aber schlechte Karten. Die Ukraine spielt auf der Social Media Klaviatur alle Stückln, Bilder und Videos aus dem Krieg dringen zur russischen Bevölkerung durch. Moskau verhaftet Demonstranten und dreht auch die letzten unabhängigen Medien im Land ab. Für die Verbreitung von aus Putins Sicht "Fake News" über den Krieg drohen bald drastische Strafen - #doublecheck hat ORF-Korrespondentin Miriam Beller gefragt, was das für internationale Berichterstatter in Russland heißt.

Sperrt Moskau auch ausländische Korrespondentinnen?

Beller sagt, dieses Gesetz über die Verbreitung von Falschnachrichten gelte nach jetzigem Wissensstand "für russische Journalistinnen und Journalisten genauso wie für uns ausländische Korrespondentinnen und Korrespondenten, wobei Fake News ganz einfach alles bedeutet, das nicht aus offiziellen russischen Quellen stammt. Das können zum Beispiel Angaben ukrainischer Stellen sein oder auch Stellungnahmen der USA". Ganz massiv werde bereits gegen unabhängige russische Medien vorgegangen, so Miriam Beller: "Heute wurde die Website vom russischen BBC Service blockiert, genauso wie jene von Radio Liberty. Beinahe alle anderen kritischen russischen Medien wurden bereits ausgeschaltet. Berichterstattung wird also immer schwieriger für Reporterinnen und Reporter aus dem Inland wie aus dem Ausland."

Ziel ist Destabilisierung, das freut Rechte und Corona-Leugner

Desinformation Marke RT und "Sputnik" hat laut Professor Hutchings ein klares Ziel: "To disrupt and disturb. To give you access to the stories that you're not being told." Destabilisieren also, indem man alle anderen Medien der Lüge bezichtigt. Genau das machen auch sogenannte alternative Medien im rechten politischen Spektrum. RT ist für die wohl so eine Art Leitmedium - ebenso wie für Corona-Leugner: Bodo Schiffmann, eine zentrale Figur der Szene in Deutschland, hat nach dem Verbot von RT begonnen, das Programm auf seinem Telegram-Kanal zu streamen.

Service

Amtsblatt der Europäischen Union - Verordnung zum EU-Verbot russischer Staatsmedien

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