Martina Serafin (Isolde)

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

"Tristan und Isolde"

Zerstörerische Liebe an der Staatsoper

Eines der Schlüsselwerke der Romantik, Richard Wagners "Tristan und Isolde", hat an der Wiener Staatsoper Premiere. Für die Neuinszenierung zeichnet der katalanische Starregisseur Calixto Bieito verantwortlich, der im Vorjahr mit der "Carmen" sein Hausdebüt gab. Am Dirigentenpult steht Staatsopern-Musikdirektor Philippe Jordan.

Hass und Rachegelüste, Liebe und Sehnsucht: Das innere Seelenleben der handelnden Personen spiegelt sich in der Musik Richard Wagners, die einer ganzen Generation von Opernkomponisten als Referenz diente. Wie in keiner anderen Oper zuvor dominieren psychische Vorgänge die Handlung in "Tristan und Isolde". Regisseur Calixto Bieito, dessen explizite Darstellungen von Gewalt und Sexualität ihm den Ruf eines Enfant terrible einbrachten, sieht das Werk als "Traumgedicht".

Daniel Jenz (Hirt), Andreas Schager (Tristan) und Iain Paterson (Kurwenal)

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Knöcheltiefes Wasser

"So wie bei Shakespeare Englands Könige nur den Rahmen für seine Auseinandersetzung mit seiner Gegenwart bildeten, verhält es sich auch mit Wagner und der Sagenwelt", sagt Bieito. Auch seine Inszenierung lässt die äußere Handlung beiseite und öffnet viel Raum für Assoziationen: Da gibt es kein Schiff, auf dem Tristan die gedemütigte irische Königstochter Isolde nach England bringt, dafür aber knöcheltiefes Wasser, das sich im Halbdunkel spiegelt und durchsichtige Schatten an die Rückwand wirft; oder Schaukeln, auf denen Kinder mit verbundenen Augen sitzen.

Nicht einmal im Liebesduett finden Tristan und Isolde zueinander; in getrennten Räumen, die langsam auf- und abschweben, demolieren sie vor Verzweiflung das Inventar und reißen die Wände nieder. "Es handelt sich hier um eine Vorstellung von romantischer Liebe, die sich gegen alle gesellschaftlichen Konventionen stellt", sagt Bieito. "Sie hat damals etwa auch so viele Leser von Goethes ‚Werther‘ in den Selbstmord getrieben."

Andreas Schager (Tristan) und Martina Serafin (Isolde)

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Buhrufe in der Generalprobe

Mit dem Tenor Andreas Schager als Tristan und der Sopranistin Martina Serafin hat diese Produktion ein österreichisches Tristan-und-Isolde-Paar aufzubieten. Weltstar Rene Pape ergänzt als König Marke das Ensemble. Nicht ihnen, aber der Inszenierung gegenüber brachten Zuseherinnen und Zuseher bei der Generalprobe am Montag ihr Missfallen zum Ausdruck. Daraufhin betrat Staatsopern-Direktor Bogdan Roscic die Bühne und legte den Buhrufern ans Herz, sich eine Karte für eine Vorstellung zu kaufen. Gleichgültig lässt einen diese "Tristan"-Neudeutung also offenbar nicht.

Gestaltung