GEMEINFREI
Salzburger Nachtstudio
Der Denker der Menschlichkeit
Zum 150. Todestag von Ludwig Feuerbach.
12. Oktober 2022, 12:00
Der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach verstand den Menschen als ein freies Wesen, dessen Sinnlichkeit und Leiblichkeit er als Voraussetzung für ein geglücktes Leben ansah. "Ich brauche zum Denken die Sinne, vor allem die Augen, gründe meine Gedanken auf Materialien, die wir uns stets nur vermittelst der Sinnentätigkeit aneignen können" - so lautete die Maxime des leidenschaftlichen Philosophen.
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Gedanken für den Tag
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14.09.2022
Sie stand im Gegensatz zum Rationalismus von René Descartes, der die Sinnlichkeit und die Emotionalität des Menschen ausblendete. Dagegen konzipierte Feuerbach die "neue Philosophie der Sinnlichkeit und Leiblichkeit", die sich gegen das körperlose cartesianische "Ich denke" richtete. Damit trug er entscheidend zu einer selbstbewussten Philosophie des Humanismus bei.
Opfer der politischen Verhältnisse
Feuerbach, der von 1804 bis 1872 lebte, entfaltete sein "Denken der Sinnlichkeit" außerhalb des akademischen Betriebs. Er begann zwar eine akademische Laufbahn als Privatdozent in Erlangen, wurde jedoch bald zum Opfer der damals herrschenden politischen Verhältnisse. Er hatte 1830 anonym ein Buch mit dem Titel "Gedanken über Tod und Unsterblichkeit" veröffentlicht, in dem er den christlichen Unsterblichkeitsglauben als "eine grenzenlose Verirrung" bezeichnete und Gott als "Hauspapa, Wachtmeister und Nachtwächter" titulierte, der das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit bediene. Durch eine Indiskretion wurde Feuerbachs Autorschaft bekannt, und er musste die Universität verlassen.
Der Mensch ist, was er isst
Diese Schrift war der Grundstein für sein Hauptwerk, "Das Wesen des Christentums", das 1841 erschien. Darin findet sich neben einer Darstellung der Motive, die Menschen dazu bewegen, die Dogmen der christlichen Religion anzunehmen, eine radikale Kritik der Konsequenzen, die sich daraus ergeben haben. Feuerbach bezeichnete sie als "böse Wesen der Religion" und den Glauben als "unheilschwangere Quelle des religiösen Fanatismus mit dessen blutigen Menschenopfern".
"Essen und Trinken hält Ich und Du zusammen"
Die Religionskritik Feuerbachs war neben dem Hinweis auf die Eindimensionalität des Rationalismus die Voraussetzung für seine "neue" Philosophie der Sinnlichkeit, die auch die Leiblichkeit des Menschen miteinbezieht. Die leibliche Disposition ist für Feuerbach die Basis der menschlichen Existenz. "Ohne Leib ist das Individuum nichts." Er sei das Subjekt der Persönlichkeit, schrieb Feuerbach, "nur durch den Leib unterscheidet sich die reale Persönlichkeit von der eingebildeten eines Gespenstes".
In Feuerbachs Philosophie der Sinnlichkeit nimmt die Ernährung einen wesentlichen Stellenwert ein. Sein Leitspruch lautete: "Essen und Trinken hält Ich und Du zusammen." Er schwärmte für den berauschenden Wein oder für die Üppigkeit der Gänseleberpastete. In seiner Gastrosophie nahm Feuerbach eine Umwertung philosophischer Prinzipien vor: "Die erste Bedingung, dass du etwas in dein Herz und deinen Kopf bringst, ist: dass du etwas in deinen Magen bringst. Der Mensch ist, was er isst." Das Fazit seiner Philosophie beschrieb Feuerbach so: "Die Verneinung der Sinne ist die Quelle aller Verrücktheit und Bosheit und Krankheit im Menschenleben, die Bejahung der Sinne die Quelle der physischen, moralischen und theoretischen Gesundheit."