Türschnalle, Hofburg, Bundespräsident

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Van der Bellens Kommunikation

Der vielsagende Schweigepräsident

Eine Pressekonferenz nach der anderen, viel Inszenierung auf Instagram, aber dafür kaum kritische Interviews. Bundespräsident Alexander Van der Bellen blickt auf eine turbulente erste Amtszeit zurück und eine von den Krisen geprägte Kommunikation. Was bleibt, außer "So sind wir nicht"?

Alexander Van der Bellen will es wieder wissen, trotz der sechs Jahre seiner Amtszeit, die turbulenter nicht hätten sein können. Die Ibiza-Affäre, die Corona-Pandemie, der Inseraten-Korruptions-Skandal und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit all seinen dramatischen Folgen haben Van der Bellens Zeit in der Hofburg auch kommunikativ geprägt. In unzähligen Live-Pressekonferenzen wandte er sich aus der Hofburg an die Öffentlichkeit, mit fast schon legendären Sagern wie "So sind wir nicht, so ist Österreich einfach nicht" in Richtung Heinz-Christian Strache, nachdem sich dieser auf Ibiza zu Korruptionsfantasien hinreißen ließ. Van der Bellen habe sich als "stabiler Anker" positioniert, der da ist, wenn es kriselt, sagt Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik.

Krisenmanagement stand im Vordergrund

Trotz der vielen Pressekonferenzen hat Van der Bellen das Amt in Summe laut Praprotnik aber eher zurückhaltend ausgelegt. Er habe zwar oft im Sinne der Krisenkommunikation das Wort ergriffen, tagespolitische Vorschläge oder das Einfordern von Reformen waren hingegen rar. "Da hat sich Van der Bellen in meinen Augen sehr stark zurückgehalten."

Kritik, weil er Corona-Maßnahmen mittrug

Der FPÖ-nahe Politikberater Heimo Lepuschitz geht noch einen Schritt weiter. Er kreidet dem Präsidenten eine unausgewogene Kommunikation an. "Er ist ein einseitiger Schweige- und ein einseitiger Rede-Präsident", sagt Lepuschitz. Während der ÖVP-FPÖ-Regierung habe sich Van der Bellen oft zu Wort gemeldet und sich in die Regierungsgeschäfte eingemischt, während der Pandemie, wenn es etwa um die Verfassungsmäßigkeit der Corona-Regelungen ging, sei er aber stumm geblieben. "Da war er auf Tauchstation."

Bei kritischen Interviews in Erklärungsnot

Fest steht, dass sich Alexander Van der Bellen während seiner Amtszeit nur selten Interviews stellte. Das könnte sich jetzt rächen, wie ein ZIB2-Interview anlässlich der Wiederkandidatur gezeigt hat. Die kritischen Fragen von Moderator Martin Thür, etwa was Van der Bellen dazu beitragen habe, dass die politische Kultur im Land sauberer wird, konnte Van der Bellen kaum beantworten. In die Rolle als wahlkämpfender Politiker müsse sich der Bundespräsident eben erst wieder einleben, sagt dazu Katrin Praprotnik. Will er im ersten Wahlgang gewählt werden, müsse er nun aber kommunikativ einen Gang höher schalten.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, im Rahmen der Eröffnung der Salzburger Festspiele

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, im Rahmen der Eröffnung der Salzburger Festspiele.

APA/FRANZ NEUMAYR

Festspiel-Bühnen als Wahlkampfauftritte

Erste Gehversuche, angriffiger zu werden, hat Alexander Van der Bellen bei den Festspieleröffnungen in Bregenz und in Salzburg gesetzt. "Es gibt kein Zurück in die gute alte Zeit", mahnte er in Salzburg. "Sorry, arbeiten, arbeiten", hieß es in Vorarlberg in Richtung Regierung, die endlich gegen die Teuerung etwas tun solle.

Gut geölte Instagram-Inszenierung

Für Van der Bellen wie auch für alle anderen Hofburg-Kandidaten wird sich der Wahlkampf aber primär nicht vor dem noblen Festspiel-Publikum abspielen, sondern vor allem in den Sozialen Medien. Auch dort hat der Amtsinhaber einen Vorteil, etwa auf Instagram. Auf der Foto-Plattform hat Van der Bellen 190.000 Followerinnen und Follower, das sind so viele wie kein anderer aktiver Politiker in Österreich hat. FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz kommt nicht einmal auf zweitausend Instagram-Fans, Dominik Wlazny alias Marco Pogo immerhin auf rund 47.000.

Präsident mit Wiedererkennungswert

Die große Reichweite hat der Bundespräsident in den vergangenen Jahren jedenfalls geschickt für sich genutzt, sagt Petra Bernhardt von der Universität Wien. Die Politikwissenschafterin forscht zur visuellen politischen Kommunikation und hat sich auch schon 2016 mit dem Präsidentschafts-Wahlkampf auf Instagram auseinandergesetzt. Bernhardt ortet eine gut überlegte Kommunikationsstrategie. Es waren immer wieder die selben Themen, zu denen sich Van der Bellen via Instagram geäußert habe: Klimaschutz, Generationengerechtigkeit und Bildung, eine solidarische Gesellschaft, wie funktioniert das Amt, was darf ein Präsident.

Die Hündin Juli, das Kaunertal und Donald Duck

Und natürlich zeigte sich Alexander Van der Bellen auch oft ganz persönlich, mit gewählten Motiven und Eigenschaften, die mittlerweile charakteristisch für ihn geworden sind. Seine Hündin Juli, Van der Bellen beim Wandern in den Kaunertaler Bergen oder beim Lesen eines Donald-Duck-Comics. Dass man das alles schnell aufrufen und routiniert nacherzählen kann, zeige, dass Van der Bellen einen "wiedererkennbaren Stil" entwickelt habe. Und das kann im Wahlkampf auf keinen Fall schaden.

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