Gerard Depardieu

POLYFILM/PASCAL CHANTIER

Romanverfilmung

"Maigret" ermittelt wieder

1931 hat der belgische Schriftsteller Georges Simenon zum ersten Mal seinen Kommissar Maigret auf Verbrecherjagd geschickt. In insgesamt 75 Romanen und 28 Erzählungen ermittelt Simenons Paradefigur, unter anderem 1954 in "Maigret und die junge Tote". Diesen Roman hat der französische Regisseur Patrice Leconte nun verfilmt - mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle.

Wenn bei Kommissar Maigret (Gerard Depardieu) das Telefon läutet, heißt das meistens nichts Gutes. Auch diesmal nicht: Eine junge Frau wird erstochen im bürgerlichen 9. Pariser Bezirk aufgefunden, in einem Abendkleid, aber ohne Papiere. Für Maigret beginnt eine langwierige Suche. Aber wo beginnen, wenn man nicht einmal den Namen der Toten weiß?

"Dieser Maigret ist ganz alte Schule", Regisseur Leconte

Patrice Leconte im Interview

Das Gespräch ist Maigrets Hauptermittlungsinstrument, etwa mit einer Apothekerin, einer Hausmeisterin, einem Taxifahrer, einem jüdischen Antiquitätenhändler, einem Oberkellner und einer Wohnungskollegin des Opfers. "Dieser Maigret ist ganz alte Schule. Er hört zu, er beobachtet, zieht Schlüsse - alles ohne technischen Firlefanz", sagt Regisseur Patrice Leconte mit unterschwelliger Distanz zu aktueller Serien-Kriminalistik.

Filmbesprechung

Im Subtext verhandelt dieser Maigret auch Klassenfragen und persönliche Sorgen. Altersbedingten Abnutzungserscheinungen begegnet der Kommissar mit gewohntem Understatement. Und das Rauchen aufgeben, wie es der Arzt empfiehlt? Sicher nicht!

Größte Stärke: Empathie

Maigrets Waffen im Kampf gegen das Verbrechen sind Geduld, Intuition, Hartnäckigkeit, generell das Bemühen um das Verstehen von Menschen und ihre Beweggründe - ob Opfer, Täter oder Beteiligte, die es auf den ersten Blick gar nicht sind. Maigrets größte Stärke: Empathie.

Regisseur Leconte hat kaum Zeit für Nebenfiguren oder Nebenschauplätze, wie sie im Original-Roman von Georges Simenon vorkommen. Geradlinig verfolgt Maigret sein Ziel: "Nie weiß oder sieht das Kinopublikum mehr als der Kommissar, diese Offensichtlichkeit gefällt mir", so Regisseur Leconte.

Szenenausschnitt, "Maigret und die junge Tote"

POLYFILM/PASCAL CHANTIER

Huldigung an die 50er Jahre

Patrice Leconte hat mit "Maigret und die junge Tote" auch stilistisch einen herrlich altmodischen Film gemacht, der dem Zeitgeist seiner literarischen Veröffentlichung, den 1950er Jahren huldigt; und auch so mancher Tugend, die in der Gegenwart mit ihren übermäßigen Mitteilungsbedürfnissen aus der Mode gekommen scheint: Zuhören statt verhören!

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger