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APA/TOBIAS STEINMAURER

Koalition boxt Medienpaket durch

Vom Fördern und vom Sterben

Just an dem Tag, als beim "Heute"-Verlag in der Inseraten-Causa eine Razzia der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) stattgefunden hat, brachten die Regierungsfraktionen im Nationalrat ihr großes Medienpaket ein. Die drei Initiativanträge umfassen eine neue Journalismus-Förderung in der Höhe von 20 Millionen Euro im Jahr, strengere Regeln für Regierungsinserate und eine Novelle, die das Aus für die täglich gedruckte "Wiener Zeitung" bringt.

Die Verbesserungen bei der Medientransparenz stehen angesichts der Inseratenkorruptionsaffäre, die sich von den Fellner-Brüdern und dem Gratisblatt "Österreich" jetzt auch auf die Verleger-Familie Dichand ausgeweitet hat, besonders im Fokus. Künftig müssen alle Inserate gemeldet werden, die Bagatellgrenze von 5.000 Euro fällt. Die Änderungen sollen am Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Die Regierung spricht von "lückenloser Klarheit ab dem ersten Euro".

Kein Deckel trotz Inseraten-Affären

Doch der Presseclub Concordia ist mit den Verschärfungen nicht gänzlich zufrieden. Denn eine Deckelung der Inseratenausgaben wird es auch künftig nicht geben. Öffentliche Stellen können also weiter unbegrenzt Werbung schalten. Für größere Kampagnen muss künftig zwar eine Wirkungsanalyse erstellt werden, nutzlose Inserate ohne wirklichen Informationszweck – wie sie die WKStA anprangert - würden so aber auch in Zukunft nicht verhindert, kritisiert Daniela Kraus, Geschäftsführerin vom Presseclub Concordia. Auch der Medienwissenschafter Fritz Hausjell sagt: "Die künftigen Regierungen können weiterhin freihändig und unlimitiert Inserate vergeben, ohne jegliche Sanktionen. Das ist eigentlich skandalös."

Qualitätskriterien sind weiterhin kein Muss

Bei der neuen Journalismus-Förderung kommen erstmals auch Onlinemedien zum Zug. Die für sie ursprüngliche geplante Mindestzahl von 30 Millionen Zeichen, die die meisten kleineren Onlinemedien ausgeschlossen hätte, wurde gestrichen. Diese Hürde wäre laut Kraus auch "absurd" gewesen. Förderberechtigt sind aber weiterhin nur textbasierte Medien, kritisiert Kraus. "Junge, digitale Projekte bleiben außen vor. Ein neues Medium zu gründen, bleibt in Österreich weiter extrem schwierig."

Neu sind auch Qualitätskriterien, sie dienen allerdings nur als Zusatz-Anreize. So können Medien, die etwa ein Redaktionsstatut haben oder Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten beschäftigen, mehr Geld aus dem Fördertopf beantragen. Daniela Kraus vom Presseclub Concordia geht das freilich nicht weit genug. Sie hätte sich gewünscht, dass Qualitätskriterien zur Grundbedingung werden, um überhaupt Steuergeld zu erhalten.

Unterdotierter Presserat schlägt Alarm

Auch dass die Mitgliedschaft im Presserat nicht zur Voraussetzung wird, sei negativ. Das Selbstkontrollorgan der Zeitungen sieht sich ohnehin als einen der Verlierer des neuen Medienpakets. Die Journalismus-Förderung sieht zwar vor, dass die Mittel für den Presserat von derzeit 150.000 auf 187.500 Euro angehoben werden – das reiche aber nicht aus, sagt Geschäftsführer Alexander Warzilek. Mindestens 300.000 Euro im Jahr seien nötig, um die Arbeit auf dem derzeitigen Niveau aufrechtzuhalten. "Es brennt der Hut. Wir haben seit 2010 keine Erhöhung der staatlichen Förderung bekommen."

Das Ersparte aus den Anfangsjahren, auf das man bisher habe zurückgreifen können, sei aufgebraucht, die Inflation tue ihr Übriges. Jetzt drohe sogar die Kündigung eines Mitarbeiters, so Warzilek. Den Presserat kaputtzusparen, sei grundfalsch: "Gerade in Zeiten von Chat-Affären und strafrechtlichen Ermittlungen wegen der Verstrickung von Politik und Medien sollte man diesen relativ kleinen Betrag, den wir benötigen, als Gesellschaft und als Staat zur Verfügung stellen", findet Warzilek.

Die älteste Tageszeitung der Welt stirbt

Der Kampf der Redaktion geht zwar noch weiter, aber er ist aussichtlos: "Blattschluss nach 320 Jahren" titelte die "Wiener Zeitung" am Tag, nachdem die Gesetzesanträge der Regierung im Nationalrat eingebracht worden waren. Journalisten wissen: Im parlamentarischen Procedere werden keine substanziellen Änderungen mehr gemacht, im Gegenteil – die Initiativ-Anträge von ÖVP und Grünen weisen darauf hin, dass die Regierung das jetzt schnell über die Bühne bringen will. Mit 1. Juli soll Schluss sein mit der täglichen Druckausgabe.

Paul Vécsei -Veteran bei der "Wiener Zeitung" und Koordinator des Redaktionskomitees "Rettet die Wiener Zeitung" - hat gegenüber dem "Standard" bittere Worte für die Koalition gefunden. "Die Regierung vernichtet vorsätzlich eine Qualitätszeitung" und die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger spreche auch noch über "erfreuliche Adaptierungen", so Vécsei. Er wirft Blimlinger und Medienministerin Susanne Raab von der ÖVP vor, die Leserzahlen "systematisch schlechtzureden" und den Dialog über Alternativen für die Zeitung verweigert zu haben. Die "Wiener Zeitung" soll ab Juli nur noch online erscheinen und zehnmal im Jahr als Printprodukt. Wieviele von den 40 Redaktionsmitgliedern dafür gebraucht werden, ist offen.

Geld geht an staatsnahe Journalistenschule

Die Regierung wendet für die "Wiener Zeitung" künftig 18 Millionen Euro im Jahr auf, aber nur 7,5 Millionen für die Redaktion – für den Fortbestand von Print wären zumindest 12 Millionen Euro notwendig, die gibt es nicht. Der Rest der 18 Millionen fließ in den sogenannten Media-Hub, der als Praxisausbildung für Journalistinnen und Journalisten konzipiert ist, und in eine Content-Agentur, die auch PR-Texte liefern soll.

Daniela Kraus vom Presseclub Concordia stört, dass das unter der Ägide des Kanzleramts passiert: "Jetzt wollen wir nicht davon ausgehen, dass der Bundeskanzler und sein Büro sich hier unmittelbar einmischen werden. Aber wir können es auch nicht ausschließen. Und wenn wir einmal eine Regierungskonstellation haben, die keinen großen Wert auf eine freie Presse legt, sondern stärker autoritär ist und in Richtung ungarisches Mediensystem, dann ist das natürlich ein Riesenproblem." Dann sei das ein ganz gewaltiger Steuerungshebel, so Kraus.

Auch "ZackZack" droht das Geld auszugehen

Vor dem Aus könnte bald auch das Online-Medium "ZackZack" stehen, das der frühere Grün-Politiker Peter Pilz mit 1,2 Millionen Euro aus der Akademieförderung seiner mittlerweile aufgelösten Partei "Liste Pilz" gegründet hat. Vom Selbstverständnis her ist es linker Boulevard, um den es schade wäre, wie der Medienwissenschafter Fritz Hausjell betont. Der hat so wie Pilz vor Jahrzehnten beim "Extrablatt", einem linken Monatsmagazin, gearbeitet.

Peter Pilz habe etwas auf den Markt gebracht, "was in dem Land fehlt - ein exzellent recherchierter Boulevardjournalismus, der ein Publikum anspricht, das ein bisschen weniger Zeit hat. So ein Medium braucht ein Land auch. Es hat in der Ersten Republik eine lange Tradition gegeben an aufklärerischem Boulevardjournalismus", sagt Hausjell. Das sei der Weg im Wesentlichen auch von "ZackZack" - und "daher wäre es sehr schade, wenn das Projekt jetzt an dieser Hürde scheitern würde".

Laut Digital News Report 5,7 Prozent Reichweite

Die Geschäftsführung von "ZackZack", das nicht an der Österreichischen Web-Analyse ÖWA teilnimmt, verweist auf den "Digital News Report 2022" für Österreich, der dem Onlinemedium eine für ein Alternativ-Medium beachtliche Reichweite von 5,7 Prozent bescheinigt. Das ist deutlich mehr als etwa "profil.at" und "falter.at" laut dem Report haben, "ZackZack" liegt damit auf Platz 14 des Rankings, das "orf.at" anführt. Dennoch: zu wenig Inserate, zu wenige Mitglieder, die neue Journalismus-Förderung könnte zu spät kommen und auch nicht reichen.

In der offiziellen Stellungnahme von "ZackZack" heißt es: "Bisher ist es sich knapp ausgegangen, jetzt nicht mehr. Daher haben wir begonnen, uns einvernehmlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu trennen." Die kommenden Monate seien die drei Monate der Entscheidung, es gebe zwei Möglichkeiten: "Wir sammeln bis Juni 2023 genug Kapital für einen Neustart. Oder wir machen Schluss." Das Online-Medium ist vor knapp vier Jahren, im Juli 2019, gegründet worden.

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