Wolfgang Rosam, Gerhard Janosch

ORF/MILENKO BADZIC

PR-Berater als Politik-Erklärer

Im Dienst von Partei und Firma

Eine besondere Spezies von Experten sind die parteinahen Politik-Erklärer, die speziell im Privat-Fernsehen inzwischen inflationär zum Einsatz kommen. Ob das gescheiterte politische Existenzen sind wie Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus und Gerald Groß, ob es Leute wie Josef Cap und Peter Westenthaler sind, die von längst vergangener Polit-Prominenz aus dem vorigen Jahrhundert zehren - oder gewiefte PR-Profis wie Wolfgang Rosam und Josef Kalina, die gern als Auskenner in Sachen ÖVP und SPÖ vor die Kamera gebeten werden. Manche machen es für Geld - und praktisch alle machen es, um ihre Bekanntheit zu steigern. Das ist gut fürs Geschäft und jedenfalls auch fürs Ego.

Wolfgang Rosam ist einer der ganz Großen in der PR-Branche und Herausgeber des Luxus-Magazins "Falstaff", das auch auf dem deutschen und dem Schweizer Markt reüssiert. In Österreich tritt Rosam immer wieder als ÖVP-naher Experte im Fernsehen auf, von Puls 24 bis ORF 3 – dabei nimmt er für sich kritische Distanz in Anspruch und hat tatsächlich etwa die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich auch öffentlich kritisiert. Rosam: "Natürlich krieg ich dann viele Anrufe und die sagen: Wie kannst du so etwas sagen? Ich antworte: weil es meine Meinung ist, weil ihr auf dem falschen Dampfer sitzt oder einen falschen Weg eingeschlagen habt. Im umgekehrten Sinne habe ich auch sehr oft gesagt, wenn ich etwas gut gefunden habe."

Wolfgang Rosam

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Wolfgang Rosam

Wolfgang Rosam und der Reiz des Influencer-Seins

Solche Sympathisanten müsse eine Partei aushalten, sagt der Verleger und PR-Profi. Aber warum macht er diese TV-Auftritte? Gefällt sich Rosam in der Rolle des Influencers? "Ich sehe mich persönlich nicht unbedingt als Influencer, ich strebe das auch nicht an. Obwohl ich auf Twitter und auf diversen Social-Media-Kanälen mir auch kein Blatt vor den Mund nehme. Ich glaube, es geht vielmehr darum, dass man das, was man für das Land gerne haben möchte, auch artikuliert. Und ich habe zum Beispiel die Sozialpartnerschaft in diesem Land immer gut gefunden."

Der diskrete Charme der Sozialpartnerschaft

Da trifft es sich auch gut, dass die Wirtschaftskammer Kunde der Agentur ist, die Rosam aufgebaut hat. Im Wunsch nach einer wieder erstarkenden politischen Mitte hat er in seinem PR-Kollegen Josef Kalina einen Mitstreiter, der ist wiederum in der SPÖ und der Gewerkschaft gut vernetzt – früher war Kalina Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokraten, momentan versucht er für Hans Peter Doskozil als neuen Vorsitzenden Stimmung zu machen. Kalina hat aber eben noch ein Ziel. "Das ist meine Agenda: Die Sozialpartnerschaft muss wiederbelebt und gestärkt werden. Das geht nur mit einer starken Sozialdemokratie und mit einer starken bürgerlichen ÖVP."

Josef Kalina und die vorteilhafte Eigen-PR

Jenseits der Sorge um das Staatswohl hat Kalina mit seinen Auftritten als Politik-Experte schon auch das eigene geschäftliche Wohlergehen im Auge und sagt das auch ungewöhnlich offen. "Es ist durchaus eine gewisse Art der Eigen-PR auch. Ich trete in den Medien auf. Ich werde gefragt und dadurch komme ich in den Medien vor. Und das ist für jemand, der eine führende Agentur in dem Land betreibt, sicherlich ein Vorteil." Kalina und Rosam betonen, dass sie nicht für die politischen Parteien arbeiten, denen sie nahestehen. Rosams Agentur hat die Kunden auf der Website namentlich angeführt, bei Kalina sind die Referenzen anonymisiert.

Troubles mit der SPÖ wegen Putin-Freund Wolf

Vor Jahren habe er für die Arbeiterkammer gearbeitet, im Zuge von AK-Wahlen, erinnert sich Kalina. Und ein anderes Mandat von ihm ist allgemein bekannt, er betreut den Putin-Freund und Manager Siegfried Wolf PR-mäßig. Er habe auch keinen Grund, seine Kunden geheimzuhalten, seine Agentur arbeite ja öffentlich, in die Medien hinein, sagt Kalina. Was Siegfried Wolf betrifft: "Jetzt, innerhalb der SPÖ Diskussion, wirft man mir aus einem Teil der Partei das vor und andere Kunden auch." Aber damit müsse er leben, für die Positionierung in der Öffentlichkeit spiele das alles keine Rolle, sagt Kalina.

Wenn man das Label nicht mehr los wird

Als Berater kann man sich die Positionierung in der Öffentlichkeit manchmal aber nicht aussuchen. Nina Hoppe, strategische Kommunikationsberaterin und auch immer wieder als Expertin in TV-Studios zu sehen, erzählt, dass man ein parteipolitisches Label nur noch schwer los wird, wenn man einmal einen entsprechenden Auftrag gehabt hat. Hoppe hat den Hotelier Sepp Schellhorn als Abgeordneten betreut. "In dem Moment, wo das Vertragsverhältnis endet, hat man ja auch nicht mehr den Einblick und den Zugang. Das heißt, die Expertise wird dann wieder zur persönlichen Meinung." Den Sendern sei das oft egal, die brauchen parteinahe Experten für Stellvertreter-Veranstaltungen on air. Die Folge seien "Bauchladen-Experten", die zu allem irgendwas sagen, konstatiert Hoppe. Das sei ein Problem.

Die Machtübernahme der Altpolitiker im TV

Die Politik-Erklärer werden aber ohnehin immer öfter aus dem Feld der Ex-Politiker rekrutiert, die eine Struktur für die Pension und den Beifall aus dem eigenen Umfeld brauchen. Man denke an den wohlbestallten Polit-Pensionisten Josef Cap von der SPÖ, der sich auf oe24.TV regelmäßig mit Peter Westenthaler, früher FPÖ und BZÖ, vergnügt. Oder Heinz-Christian Strache, der jetzt auf Puls 24 Politik-Analytiker ist, so wie sein Ibiza-Kollege Johann Gudenus im Fellner-Fernsehen. Sogar die frühere Grünen-Chefin Eva Glawischnig ist als Expertin für eh fast alles im Politik-Talk zu sehen. Gerald Groß, früher BZÖ, hat dank seiner Boulevard-TV-Präsenz immerhin 5,6 Prozent bei der Bundespräsidenten-Wahl 2022 erzielt. Und Geld gibt es für regelmäßige Auftritte auch. Niki Fellner spricht auf Anfrage von "Aufwandsentschädigungen", so wie auch Stefan Kaltenbrunner von Puls 24. Reich werde man davon nicht, so der Tenor.

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