Herbert Kickl

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Freiheitliche Medienstrategien

Herbert Kickl und die falsche Oma

Herbert Kickl hat über viele Jahre für die FPÖ ein Parteimedien-Imperium aufgebaut, sein Verhältnis zu traditionellen Medien und ihren Journalisten ist sportlich. Man bleibt sich nichts schuldig. Eine "investigative Biografie" über Kickl hat dieses Verhältnis gerade auf die Probe gestellt. Ein Recherche-Fehler macht das Buch angreifbar, das die unbekannten Seiten des FPÖ-Chefs ausleuchtet. Zuletzt überraschte Kickl auch mit einem Brief an die Chefredakteure und Verleger von Zeitungen, mit denen die FPÖ sonst nichts am Hut hat.

Einen größeren Gefallen hätten die "profil"-Journalisten dem FPÖ-Obmann nicht tun können. Gernot Bauer und Robert Treichler haben eine an sich lesenswerte Biografie über Herbert Kickl geschrieben, aber dessen Großmutter mit einer Frau gleichen Nachnamens verwechselt. "Was soll man da von der Qualität vieler anderer angeblicher Informationen noch halten? Wenn schon so einfache und nachprüfbare Dinge völlig falsch dargestellt werden?" Das fragt Kickl in einem rasch produzierten Video.

Recherchefehler stützt das mediale Narrativ

Der Recherchefehler passt perfekt ins Narrativ. Die "System-Medien" nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau, das trommeln Kickl und seine Mitstreiter bei jeder Gelegenheit. Gernot Bauer: "Das ist natürlich Teil seiner politischen Kommunikation. Es ist wahrscheinlich auch legitim, dass er jetzt diesen einen Fehler rausnimmt und daran die Legende knüpft, dass das ganze Buch vielleicht falsch ist. Allerdings sollte man Herbert Kickl nicht auf den Leim gehen." Co-Autor Robert Treichler wirkt schon leicht genervt: "Dieser Fehler - wie lange wollen wir noch darüber sprechen?"

Niemand ärgere sich mehr über die falsche Großmutter als sie selbst, sagen die beiden. Treichler betont: "Wir haben jetzt nicht versucht, ausschließlich negative Dinge über Herbert Kickl zusammenzutragen, sondern wir haben versucht, möglichst viel über ihn in Erfahrung zu bringen." Das Buch sei wirklich ausgewogen, ergänzt Bauer: "Wir haben nicht vorgehabt, da jetzt eine alarmistische Abrechnung mit Herbert Kickl zu schreiben und zu schauen: Was gibt es da in der Vergangenheit, was man ihm heute vorwerfen könnte."

Christian Hafenecker

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Christian Hafenecker

Kickl ließ nicht genehme Biografen auflaufen

Aber einmal so in der Defensive, kommst du da nur noch schwer heraus. Dabei hätte Herbert Kickl positiv beitragen und über sich Auskunft geben können, er hat seine Mitwirkung an dem Buch aber verweigert. Warum eigentlich, hat die Öffentlichkeit nicht das Anrecht, mehr zu erfahren über einen, der Kanzler werden möchte? FPÖ-Generalsekretär und Mediensprecher Christian Hafenecker sagt im #doublecheck Interview: "Man kann es dem Herbert Kickl nicht übelnehmen, dass er mit einem Medium, das zu 90 Prozent negativ über ihn schreibt, nicht noch seine Freizeit verbringt und seine Lebensgeschichte erzählt. Das ist für mich voll legitim." Wollte ein ORF-Journalist eine Biografie über Kickl schreiben, dann würde der FPÖ-Chef eher auch nicht reden, so Hafenecker.

Eben alles "System-Medien", die die "schwarz-rote Einheitspartei" - so die FPÖ-Diktion - stützen und ihr als "Herzschrittmacher, Sauerstoffzelt, Defibrillator und Rollator" dienen, wie es Herbert Kickl beim politischen Aschermittwoch in Bierzelt-Atmosphäre noch übersteigert hat. Umso überraschender war der Brief, den Kickl im März an Chefredakteure und Verleger geschrieben hat. Der FPÖ-Chef zeigt sich darin besorgt über die schwierige Lage der Zeitungsbranche und ersucht um Vorschläge, wie Medienfreiheit und -vielfalt besser gewährleistet werden könnten.

Christian Hafenecker im #doublecheck-Interview

Buhlen um Zeitungen in Torschluss-Panik?

Zitat Kickl: "In Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ nach der Nationalratswahl 2024 ist es mir ein Anliegen, Ihre Überlegungen in die Gestaltung politischer Konzepte maßgeblich einfließen zu lassen." Der Journalist und Blogger Johannes Huber hat dazu eine These: "Früher oder später braucht es auch Medien, die schreiben, Herbert Kickl ist mit der FPÖ auf Platz eins. Man muss ihm eine Chance geben. Es müssen auch die anderen Parteien sich auf ihn zubewegen. Er braucht auch eine wohlwollende Berichterstattung." Haben die Freiheitlichen schon Torschluss-Panik - ist es FOMO, die "Fear of missing out"?

FPÖ würde Regierungsinserate "zurückfahren"

Mitnichten, sagt Christian Hafenecker. "Zu glauben, dass wir da jetzt irgendeinen Verzweiflungsgriff machen, wo wir uns mit den Medien dann noch gut stellen, ist überhaupt nicht der Punkt, sondern wir wollen jetzt schon darüber sprechen, was denn sein wird, wenn keine Inseratengelder mehr fließen werden." Der FPÖ-Generalsekretär meint die Inserate der Ministerien. In Zusammenhang mit den Regierungsinseraten werde sich einiges tun - "insofern, als wir die zurückfahren werden. Wir wollen eben diese Verbindung zwischen Politik und Medien kappen und da muss man sich dann anschauen, welche Rahmenbedingungen man schafft für die Medien. Da muss man ganz neue Modelle aufstellen."

Als Minister hat Kickl den Boulevard bedient

Inseratengelder sind freilich auch unter Herbert Kickl im Innenministerium reichlich - und vor allem an den Boulevard geflossen. Allein die "oe24"-Gruppe von Wolfgang Fellner hat in den eineinhalb Jahren eine Million Euro aus dem Kickl-Ressort bekommen. Frage an Christian Hafenecker: Wo ist da ein "Zurückfahren" erkennbar? "In dem Zusammenhang sollte man sich auch die Ministerien von der ÖVP anschauen. Das war State of the Art, das kann man jetzt gut oder negativ sehen." Eine billige Ausrede sei das nicht, damals habe die ÖVP unter Sebastian Kurz die Regierung geführt "und dazu hat es gewisse Vereinbarungen gegeben". Die FPÖ hat mitgemacht, es gibt auch Chats über Inserate zwischen Fellner und dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Für Inseratenkorruption ist die Suppe dünn

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA - der die Suppe zu dünn war, sie wollte keine Ermittlungen einleiten - muss jetzt auf Geheiß der Oberstaatsanwaltschaft Wien dazu ermitteln, Herbert Kickl ist mitgehangen. Hafenecker drückt es so aus: "Also die ÖVP hat sich sozusagen ein Verfahren in dem Zusammenhang bestellt." Blau und Schwarz schenken sich in diesen Tagen und Wochen einfach nichts. Der FPÖ-Mediensprecher verspricht jedenfalls, dass in einer FPÖ-geführten Regierung mit dem Inseraten-Unwesen Schluss sein werde. Ein Gespräch darüber sei mit dem Zeitungsverband VÖZ schon vereinbart.

Blaues Ökosystem, das Journalismus imitiert

Die angeschriebenen Chefredakteure sind von der Ehrlichkeit der Kickl-Initiative alles andere als überzeugt. Gerold Riedmann hat im "Standard" auf die Parallelwelt der FPÖ mit ihren eigenen und sogenannten alternativen Medien hingewiesen. Ein Ökosystem, das Journalismus imitiere und nur Inhalte verbreite, die der FPÖ recht seien. Kickl-Biograf Gernot Bauer drückt das so aus: "Medienfreiheit bedeutet für ihn, dass er das sagen kann, was er will, und zwar unwidersprochen. Medienfreiheit nach unserem Verständnis ist, dass wir ihn fragen, was wir wollen und das über ihn schreiben, was wir wollen. Ein ziemlicher Gegensatz."

Die mediale Dialektik der Populisten

Ein Gegensatz, den die FPÖ in allfälliger Regierungsverantwortung überwinden will. Mediensprecher Christian Hafenecker, seit langem Verbinder zwischen Partei und alternativen Medien, fordert für diese Gerechtigkeit. "Es werden alle freien Medien, alle Medien, die fair über uns berichten, diskreditiert von den System-Medien, wie wir sie nennen. Und ich glaube, da gehört einmal ein vernünftiger Diskurs her." Die einen sagen fair, die anderen sagen unkritisch. Es ist die Dialektik der Populisten, der Chefredakteur der Tageszeitung "Die Presse", Florian Asamer, spricht von einem Teufelskreis. Er hat den Kickl-Brief noch unerledigt auf seinem Schreibtisch liegen.

Das Gesprächsangebot werde jetzt von vielen Medien abgelehnt, mit nachvollziehbaren Argumenten, sagt Asamer. "Umgekehrt, wenn Kickl es ernst gemeint hätte, dann könnte er jetzt wieder sagen: Schaut her, ich wollte mit den Medien ins Gespräch kommen und sie wollten ja nicht. Und so erlebe ich diesen Kreislauf inzwischen relativ oft. Die Frage ist, ob man ihn durchbrechen kann oder will."

"Impfgegner vor die Redaktionstore getrieben"

Der Chefredakteur der "Kleinen Zeitung", Hubert Patterer, hat ihn in einem Kommentar mit spitzer Feder aufgespießt. Patterer erinnerte daran, wie rabiat die FPÖ nach der Machtübernahme unter Jörg Haider in Kärnten gegen kritische Medien und Journalistinnen agiert hat und wie sie in der Corona-Zeit "Impfgegner vor die Redaktionstore getrieben" habe. Man mache aber gern Vorschläge, so Patterer, und er endet mit dem Satz: "Schauen wir, was davon 'maßgeblich' einfließt, wenn die Stunde naht."

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