Logos - Theologie und Leben

"Was heißt helfen?" - Erfahrungen des Religionswissenschafters Martin Kämpchen in Indien. Gestaltung: Johannes Kaup

Seit fast 40 Jahren lebt der deutsche Literatur- und Religionswissenschafter und Entwicklungshelfer Martin Kämpchen in Shantiniketan im indischen Westbengalen. Der Übersetzer der Werke Mahatma Gandhis und Rabindranath Tagores setzt sich in zwei Dörfern für eine alternative Entwicklungshilfe ein.

Ghosaldanga ist ein kleines Dorf zehn Kilometer von Shantiniketan entfernt. Dort leben rund 40 Familien des Santal-Volkes. Martin Kämpchen hat es Anfang der 80er Jahre "entdeckt" und besucht es seitdem mehrmals in der Woche mit dem Fahrrad. Nach und nach entwickelten sich kleine, von Kämpchen angeregte, aber von den Dorfbewohnern getragene Programme: Abendschule, medizinische Versorgung, Baumpflanzaktionen. Daraus entstand eine "alternative Entwicklungshilfe", die sich um eine ganzmenschliche Entwicklung der Dorfbewohner bemüht: sowohl in wirtschaftlicher, als auch kultureller, gesundheitlicher, emotionaler und intellektueller Hinsicht.

Vor zwölf Jahren begann im benachbarten Santaldorf Bishnubati eine ähnliche Aufbauarbeit. In beiden Dörfern sind inzwischen ein Kindergarten mit Kinderspeisung, sowie je ein Hausaufgaben-Zentrum entstanden. Landwirtschaftliche Projekte, ein Sparprogramm, eine Weberei für Frauen und eine intensive Mütterbetreuung wurden eingerichtet. Finanziert werden die Projekte von Martin Kämpchen und einem Förderverein aus Deutschland.

Durch sein Leben unter den Armen ist Martin Kämpchen mit der Psychologie der Armut vertraut. Er kennt den Unterschied zwischen unbesonnener und sachgemäßer Hilfe aus eigener Erfahrung. Kämpchen versteht sich dabei nicht als Entwicklungshelfer, sondern als Begleiter der Armen. Als solcher analysiert er einerseits den Kreislauf der Armut, der aus mangelnden Lebens- und Bildungschancen, Diskriminierung, Rechtlosigkeit, Krankheit und Gewalt resultiert. Aber Kämpchen kritisiert zugleich auch eine Ideologie, die Armut nur als materiellen Mangelzustand begreift. Er sieht das tiefere Problem in einer "mentalen Armut" gegeben. Solidarisch mit den Armen zu sein, bedeutet für Martin Kämpchen, im christlichen Kontext einen einfachen Lebensstil zu pflegen.

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