Gedanken für den Tag

10. August 2015, 06:56

Sind wir moralisch verpflichtet zu helfen?

Die Entwicklungszusammenarbeit finanziert sich über Steuern und Spenden, die allesamt aus den Industrieländern kommen. Warum schicken wir eigentlich unser hart erarbeitetes Geld in Entwicklungsländer, ohne dafür im Gegenzug etwas Handfestes zu erhalten? Diese Frage kann man sich stellen.

Man kann die Sache aber auch ganz anders sehen: Der australische Philosoph Peter Singer behauptet in einem Artikel mit dem ansprechenden Titel "Hunger, Wohlstand und Moral", dass wir die Pflicht haben, anderen Menschen in Not zu helfen. Er schreibt: "Wenn es in unserer Macht steht, etwas Schlimmes zu verhindern, ohne dabei etwas von vergleichbarer moralischer Bedeutung zu opfern, dann sollten wir moralisch verpflichtet sein, es zu tun".
In anderen Worten: Wenn meine Handlungen zu mehr Glück als zu mehr Leid führen, bin ich verpflichtet, sie zu setzen.

Singer nimmt seine Philosophie selbst sehr wörtlich und spendet 30 Prozent seines Einkommens; die Österreicher und Österreicherinnen spenden im Jahr ungefähr 140 Millionen Euro für die sogenannte Dritte Welt - das sind 17 EUR pro Kopf. Fragt man die Spender und Spenderinnen nach ihrer Motivation, werden meist Mitleid, Nächstenliebe oder auch moralische Wiedergutmachung für Kolonialismus, Sklavenhandel und Ausbeutung genannt.

Mich überzeugt der Ansatz von Peter Singer: Die Spenden tun mir nicht weh und bewirken mehr Gutes als Schlechtes. Und in Anbetracht der anschwellenden Flüchtlingsströme, die aus einer kleinen aber steigenden Zahl von fragilen Staaten kommen, ist es auch aus pragmatischen Gründen ein Gebot der Stunde, Entwicklungszusammenarbeit zu leisten.

Service

Buch, Friedbert Ottacher, Thomas Vogel, "Entwicklungszusammenarbeit im Umbruch", Brandes & Apsel

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