AFP/MARK RALSTON
Radiokolleg - Umkämpfter Freihandel
Von Strafzöllen, Handelsabkommen und Währungskriegen (3). Gestaltung: Juliane Nagiller
21. November 2018, 09:05
"Trade wars are good, and easy to win", schrieb Donald Trump im Frühjahr auf Twitter. Mit dieser Meinung steht der US-amerikanische Präsident jedoch ziemlich alleine dar. China und die Europäische Union reagieren zwar mit Vergeltung auf die amerikanischen Strafzölle, versuchen aber den aufkeimenden Handelskrieg nicht weiter anzuheizen.
Protektionismus ist schlecht, Freihandel ist gut. Diese Überzeugung wird in der Ökonomie oftmals vertreten. Sie geht auf Adam Smith und David Ricardo zurück. Die beiden Ökonomen stellten fest, dass der Außenhandelsgewinn für die Welt am höchsten ist, wenn sich jedes Land auf die Produktion derjenigen Güter spezialisiert, die es am preiswertesten herstellen kann. Eine globale Arbeitsteilung erhöht demnach den Wohlstand der Nationen.
Trotzdem griffen Europäer und Amerikaner immer wieder auf Straffzölle und Kapitalverkehrskontrollen zurück, um die eigene Wirtschaft zu schützen. So lagen die Zölle in den USA im 19. Jahrhundert bei rund 45%. Erst nach dem zweiten Weltkrieg sanken sie kontinuierlich.
Eine Verliererin des aktuellen Handelsstreits ist die WTO. Die Welthandelsorganisation sollte eigentlich allgemein akzeptierte Regeln für den Außenhandel setzen und die Einhaltung dieser Regeln überwachen. Seit der letzten erfolgreich abgeschlossenen Handelsrunde 1994 herrscht bei der WTO aber Stillstand.
Die Doha-Runde, die den Entwicklungsländern zu mehr Rechten im globalen Handel verhelfen sollte, ist gescheitert. CETA, TTIP, NAFTA und TPP: Bilaterale Abkommen verdrängen den multilateralen Ansatz in der Handelspolitik. Obwohl die EU sich aktuell für den Freihandel stark macht, setzt sie selbst in einigen Bereichen auf Protektionismus. Der Agrarbereich wird seit Jahrzehnten geschützt. Ebenso gibt es Strafzölle auf Dumpingprodukte wie chinesische Bügelbretter, kanadischen Biodiesel und Fahrräder aus Kambodscha.
Auch Handelskriege erfordern Kriegskunst. Durch die Stahl- und Aluminiumzölle könnten laut der britischen Zeitschrift "The Economist" 33.000 Jobs geschaffen werden. Gleichzeitig sind aber rund 180.000 Jobs gefährdet, da die Metallverarbeitung teurer wird. Die amerikanische Leistungsbilanz weist seit Jahrzehnten ein Minus aus.
Die USA gelten global als "consumer of last resort". Da sie sich in ihrer eigenen Währung verschuldet, wird die Zahlungsfähigkeit der USA nie angezweifelt. Der Dollar gilt als sicherer Hafen. Die Schattenseite: Die USA können im Kampf gegen ihr Leistungsbilanzungleichgewicht den Wechselkurs nicht anpassen. Eine Waffe, auf die China sehr wohl zurückgreifen kann.
Der globale Handel steckt in der Sackgasse. Donald Trump reagiert darauf mit einer Kriegserklärung. Ob das globale Ungleichgewicht so beseitigt werden kann, bleibt fraglich. Statt auf eine Rückkehr zum Multilateralismus, setzt der US-amerikanische Präsident auf Unilateralismus. Der Stärkere und Aggressivere soll gewinnen.
Service
Roman Stöllinger (2016): Zur Zukunft umfassender Freihandelsabkommen. Lehren aus dem EU-Korea Handelsvertrag, CETA und TTIP, ÖGfE Policy Brief
Michael Parizek (2015): Internationaler Handel und WTO, bpb 325
Handelskrieg und seine Folgen: Ist die WTO am Ende? Ifo Schnelldienst 11/2018, (pdf)
Jakob Kapeller (2016): Internationaler Freihandel: theoretische Ausgangspunkte und empirische folgen, ICAE Working Paper Series No. 45, March 2016, (pdf)
Dani Rodrik (2018): What Do Trade Agreements Really Do?, Journal of Economic Perspectives, Vol. 32, No. 2, pp.73-90, (pdf)
Dani Rodrik (2017): Straight Talk on Trade. Ideas for a Sane World Economy, Princeton University Press, Princeton.
Joseph Stiglitz (2017): The Overselling of Globalization, Paul A. Volcker Prize Lecture (pdf)
Richard Münch (2011): Das Regime des Freihandels. Entwicklung und Ungleichheit in der Weltgesellschaft, Campus Verlag, Frankfurt.
Dossier Freihandel versus Protektionismus bei der Bundeszentrale für politische Bildung
ABC der Finanzwelt