Die Ö1 Fundgrube
Laut ORF-Gesetz dürfen wir Ihnen dieses Service nur zur Verfügung stellen, wenn Sie Ihre Identität durch Angabe von Vorname, Familienname und Wohnadresse bekanntgeben. (ORF-G, § 4f, ABS 2, Z 23). Sie können das entweder direkt im Zuge des Uploads tun, bzw. sich als User/in in der ORF-Community registrieren lassen. Wenn Sie bereits Mitglied der ORF-Community sind, loggen Sie sich bitte ein, wenn Sie Texte, Audios oder Bilder hochladen, bzw. solche bewerten möchten. Beiträge, für die diese Funktion freigeschaltet ist, können pro User/in nur einmal bewertet werden. Mehrfachstimmen sind möglich. Beachten Sie bitte, dass erstmalige log-ins in der ORF-Community nur wochentags bearbeitet, bzw. freigeschaltet werden können. Die Freischaltung kann einige Zeit in Anspruch nehmen.
Junge Künstlerfamilie
phili - 4. April 2017, 10:55
Spätherbst 1967: Damals lebte mit meinem Mann, dem Maler und Free-Jazz-Musiker Claus Mayrhofer Barabbas, und unseren drei Töchtern in Reichenau/Rax
1967: Sie nannten uns Schnittlauchfresser
phili - 3. April 2017, 21:57
1967 war ich mit dem Maler und Free-Jazz-Musiker Barabbas verheiratet. Wir lebten in Reichenau/Rax in einer Villa meiner Schwiegermutter, Das offene Haus war ein beliebter Treff für die aufstrebende Künstleravantgarde.
Sowie ich mein Erinnerungsarchiv durchforste, flimmern Momentaufnahmen meines bisherigen Lebens über den inneren Bildschirm. Das läuft ab wie ein Film. Ich kann wählen, was auf der Gedächtnisbühne Revue passieren soll. Die Wahl fällt auf das Jahr 1967. Damals lebte ich mit Barabbas und unseren gemeinsamen Kindern in Reichenau an der Rax. Wir wohnten in einer repräsentativen Jahrhundertwende-Villa, die meiner Schwiegermutter gehörte. Ein geräumiges Haus mit fünf Wohnungen. In den 1960er Jahren wurde Barabbas, der Schöpfer farbenprächtiger Bilderwelten, als Senkrechtstarter gehandelt. Unkonventionell als Maler und ebenso kompromisslos in der Musik: Das war Claus Mayrhofer, der 1958 im Alter von 15 Jahren das Enfant terrible der Wiener Kunstszene Padhi Frieberger traf, daraufhin beschloss, die Schule abzubrechen, um Künstler zu sein. Fortan nannte er sich Barabbas.
In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurde die Reichenauer Villa zum beliebten Treff einer aufstrebenden Künstleravantgarde, zumal nach der Schließung der legendären Wiener Galerie „Zum roten Apfel“ (in Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 74) bot das offene Haus in Reichenau einen Ort der Diskussion und gemeinsamen Arbeit. Es kamen Ernst Fuchs, Jürgen Leskowa, Walter Malli, Richard Pechoc, Franz Ringel, Heinz Stangl, Othmar Zechyr, Robert Zeppel-Sperl und der Fotograf Gerhard Trumler. Kein Wunder, schließlich übte Reichenau an der Rax seit der Romantik große Anziehungskraft auf Künstler aus. Die Holzriesen vom Thalhof in die Eng hinein inspirierten ebenso wie die Geröllhalden und bizarren Felsformationen im Höllental.
Othmar Zechyr, der anfänglich nur fallweise zu Besuch gekommen war, lebte von 1967 an zwei Jahre mit seiner Frau und neugeborenen Tochter bei uns. Wenngleich in unseren Familien Schmalhans Küchenmeister herrschte, beeinträchtigte das nicht im geringsten die Kreativität und Schaffensfreude der jungen Künstler. Es ist sogar die Gründung einer Künstlerkolonie geplant gewesen. Romantik und revolutionäre Utopien gehörten damals noch zum Programm.
Von meinem Leben in Wien war ich zwischenmenschliche Anonymität gewohnt. Im Gegensatz dazu zeigen Menschen im ländlichen Raum Interesse aneinander. Das war auch in Reichenau der Fall. Dort wusste jeder von jedem alles, oder zumindest fast alles. Natürlich redete man über uns. Schließlich mischten wir das Einerlei des Reichenauer Alltags ordentlich auf. Für die Einheimischen waren wir und unsere Künstlerfreunde, die gelegentlich zu Besuch kamen, Exoten, die Aufsehen erregten. Allein das Äußere von Barabbas, sein Bart, die farbenfrohen Gewänder, die er fallweise trug, sorgte für Gesprächsstoff. Und dann die Musik, die von früh bis spät bei uns gespielt wurde. In der schönen Jahreszeit, wenn wir die Fenster geöffnet hatten, bekamen die Reichenauer Jazz zu hören, der damals für ihre Ohren zumeist fremdartig klang. Noch fremdartiger kam an, wenn Barabbas - er war auch Mitglied der österreichischen Free-Jazz-Formation „Masters of Unorthodox Jazz - seine Free-Jazz-Soli am Saxophon los lies. Das mag sich für manch einen angehört haben, als röhrte ein wildgewordener Stier. Musikalischer Gruselwahnsinn in Reinkultur. Schon allein das roch nach Skandal.
Wovon wir lebten, wird sich der eine oder andere gefragt haben. Schließlich gingen wir keiner geregelten beruflichen Tätigkeit nach, und man sah mich fast nie bei Frau Maceczek Lebensmittel einkauften. Auch der Metzger machte kein Geschäft mit uns. Als sich herumsprach, dass wir kein Fleisch aßen, sondern uns hauptsächlich von Getreidekörnern, die wir direkt vom Bauern bezogen, ernährten, dürfte das Maß ungläubigen Staunens voll gewesen sein. Kein Fleisch zu essen, das brachte der Durchschnittsbürger der Nachkriegszeit unweigerlich mit Armut oder Krankheit in Verbindung. Kein vernünftiger Mensch nahm einen derartigen Verzicht freiwillig auf sich, jetzt, wo es endlich wieder zu essen gab, was das Herz begehrte. Wir tanzten also auch dahingehend aus der Reihe. Die Mieter der Reichenauer Villa wussten zu berichten, dass wir Fleischgenuss aus ethischen Gründen ablehnten, was ein weiterer Grund war, über uns den Kopf zu schütteln. Nun ist es eine natürliche Folge, dass Menschen versuchen, Seltsamkeiten zu benennen. Also bedachten uns die Reichenauer mit einem Spitznamen. Da es ihnen nicht entgangen war, dass ich in Blumentöpfen Schnittlauch zog, nannten sie uns kurz und bündig „die Schnittlauchfresser“, was ich allerdings erst erfahren habe, als ich längst nicht mehr in Reichenau lebte.
1967 war für uns ein ereignisreiches Jahr. Gleich zu Beginn konzertierten die „Masters of Unorthodox Jazz“ im Internationalen Kulturzentrum (Wien 1, Annagasse 20). Niemand geringerer als Kurt Kren, einer der prominentesten Vertreter des österreichischen Avantgarde-Films, machte bei diesem Konzert Aufnahmen und der junge Xaver Schwarzenberger fotografierte. Der Bekanntheitsgrad des Künstlers Barabbas stieg. In diesem Jahr hatte er seine ersten Ausstellungen in Deutschland – im K.O. Braun-Museum in Ludwigshafen, kurz darauf in der Galerie Krokodil in Hamburg und in der Galerie Mathias in Köln, wo er seiner farbenfrohen Malerei wegen von der Presse als „Farbgeometer“ gehandelt wurde. Endlich gab es Einnahmen aus Bildverkäufen, die jedoch, wie das bei Künstlern zumeist üblich ist, sofort wieder in die Kunst investiert wurden. Malmaterial wurde angeschafft, ein neues Saxophon und Geld für die Produktion einer Schallplatte zurückgelegt, die zwei Jahre später auch erschien. „Overground“ (Barabbas Records, Reichenau/Rax) hieß Österreichs erste Free-Jazz-LP. Und sie war tatsächlich Barabbas‘ Produkt. Er mietete das Tonstudio und trug alle anfallenden Kosten.
Mein Erinnerungsfilm läuft und läuft. Unmöglich, mit dem Schreiben nachzukommen. Ich gebe auf. Nur eine Sache sei noch vermerkt. Was auch alles geschehen ist, das für mich wichtigste Ereignis des Jahres 1967 war die Geburt meiner dritten Tochter. So ist es. Und jetzt schalte ich den inneren Bildschirm aus.
Baujahr 1967 - Ö1 und Ich
3. April 2017, 19:23
Zwei 50 jährige stehen auf und gehen - seit 1967
Das beste Fundstück in diesem Zusammenhang bin - ich. Geboren am 25 September 1967 bin ich gleich alt wie Ö1. So gesehen sind wir beide durch die gleichen Lebensabschnitte gegangen: Bei unserer Geburt wusste noch niemand, was aus uns wird, aber unsere "Väter" und "Mütter" haben sich über uns gefreut und Hoffnungen in ihr "Kind" gesetzt. Die folgenden Jahre wurden wir größer und lernten laufen - unabhängig von unseren "Eltern". Wir begannen auf eigenen Beinen zu stehen und auch neue eigenständige Ideen zu entwickeln. Wir gingen beide durch eine Schule, lernten, neue Menschen traten in unser Leben und wir begannen uns auch immer stärker von unseren Geschwistern zu emanzipieren, mögen sie Kurt (wie bei mir) oder Ö3 oder Ö2 (wie bei dir) heißen. Wir beide begannen auch zu experimentieren, manchmal auch nicht zur Freude unserer Mitmenschen (wenn ich an das Ende des Gugelhupfs und den Krampf um die Nachfolgesendung bei dir denke). Wir gaben uns auch immer wieder neue Erscheinungsbilder, die das jeweilige Jahrzehnt (70er, 80er, 90er, 0er...) spiegelten, auch wenn wir das vielleicht gar nicht wollten ( ;-) ). Unverkennbar wollten wir beide sein, was uns gelang, doch waren wir auch immer Kinder unserer Zeit. Du. liebes Ö1 hast dich dann der Vermittlung von Kunst, Kultur, Wissenschaft (Geistes- wie Natur) verschrieben, auch ich wurde Lehrer. Manchmal scheint es mir wie sicher auch dir, dass wir einen Kampf gegen Windmühlen in der Unendlichen Landschaft der Halbbildung und Banalität führen. Doch dann kommen die kleinen Feedbacks, die überraschenden Kommentare, die uns dann doch zeigen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir beide haben uns engagiert, Stellung bezogen, Lob und Kritik eingefahren, aber das machte uns beide in den vergangenen 50 Jahren zu dem was wir heute sind. Oft wünschen sich auch unserer Gegenüber, dass wir vielleicht nie in ihre Nähe gekommen wären, beispielsweise, wenn du Politiker in Interviews kritische Fragen stellst oder ich Politikern mit Schülern zusammen kritische Fragen stelle, dann möchte ich nicht in die Köpfe schauen oder deren Gedanken lesen. Aber damit sorgen wir beide dafür, dass immer eine neue Generation von Menschen da ist, die Demokratie nicht als leeres Wort nehmen und die Wissen, dass es einen Unterschied zwischen Fake News und Nachrichten gibt.
Wir hätten uns noch viel zu erzählen, auch über die Tage, an denen sich unser Leben kreuzte. Du bist nähmlich die einzige Person, liebes Ö1, von dem ioch mich immer wieder gerne prüfen lasse - bei gehört gewusst. Schade, dass ich nie die Rollen tauschen kann. So stehen wir beide nun vor einem Meilenstein des Lebens: das halbe Jahrhundert. Und wie ich beginnst du zurück zu schauen auf dein bisheriges Leben, auf dein Geburtsjahr, auf die schönen und nicht so schönen Dinge, die uns geprägt haben. Und so fühle ich mich, wenn ich meine Fotos der vergangene 50 Jahre anschaue, wie ein Avatar von dir, der - menschgeworden - wie du versucht eine Oase in der Wüste des Lebens zu sein.
Schöne Grüße von mir, deinem persönlichen Fundstück des Jahres 1967
Hot Wheels Custom Fleetside, 1967 Mattel. Inc.
peterk67 - 2. April 2017, 13:21
Mein Baujahr. Die nächsten Jahre bis 1975 investierte ich mein Taschengeld in diese Flizer. Inzwischen fahr ich mit dem Fahrrad. Wegen dem Blutdruck und so.
Hitparade 1967
mostpower - 1. April 2017, 11:24
Handschriftliche Aufzeichnung der Hitparade des Saarländischen Rundfunks 1967 - 69
1967 besaßen meine Eltern noch kein Radiogerät mit UKW-Empfang. Mit noch nicht 16 Jahren war ich damals begierig, die neueste Popmusik zu hören. Der österreichische Rundfunk bot dazu wenig Möglichkeiten (außer "Gut aufgelegt" mit Eva Maria Kaiser). Also begab ich mich auf Sendersuche über Mittel- und Kurzwelle. Auf welcher Frequenz ich die Sendung "Hallo Twen" des Saarländischen Rundfunks fand, weiß ich nicht mehr. Neben Radio Luxemburg und zu Zeiten des Prager Frühlings ein tschechischer Sender war der Saarländische die große Entdeckung, und fortan saß ich Woche für Woche vor dem alten Monogerät und hoffte auf den (meist guten) Empfang. Ein Naturgeschichte-Heft aus der 5. Klasse Gymnasium, das ohnehin noch viel Platz bot, wurde verkehrt herum für die Listenplätze 1 - 25 der wöchentlichen Hitparade benutzt und steht nun bis heute eingereiht in meiner Sammlung alter LP´s. Vom 20.5.67 bis 10.5.68 (Hitparaden Nr. 93 - 132) fast lückenlos und dann mit einigen Leerstellen bis 28.2.69 finden sich Hunderte von Titeln dieser Zeit, von "Puppet on a String" von Sandie Shaw(Nr. 1 am 20.5.67) bis "Crimson and Clover" (Nr. 1 am 28.2.69). Obwohl ich später Klassik und Jazz für mich entdeckte, war wohl kaum eine Zeit für meinen Musikgeschmack so prägend wie diese Jahre. Und 1967 war die Initialzündung für einen pubertierenden Gymnasiasten....
Gabriele
peterm - 31. März 2017, 19:59
Ereignis des Jahrhunderts
Meine Frau Gabriele hat am 15. Dezember 1967 das Licht der Welt erblickt.
1967 - Jahr der Begegnungen
grunzo - 31. März 2017, 11:32
Eine Erinnerung an eine wesentliche LP
Selten in der kurzen Zeit eines Jahres habe ich so viele faszinierende Menschen getroffen, wie in diesem fantastischen Jahr 1967. Gleich am Eingangsportal, bunt und wild bevölkert, traf ich Oskar Wilde und Marilyn Monroe, Oliver Hardy und Karl Marx, Albert Einstein und Aldous Huxley, Dylan Thomas und Johnny Weißmüller und und und…….Aber all diese teilweise bunten und teilweise farblosen Gesichter starrten mich nur an, ohne mit mir zu reden. Marlene Dietrich blickte in einer seltsamen Erwartungshaltung aus einem gelbseidenen Hosenanzug zu mir rüber, Alastair Crowley versuchte mich zu hypnotisieren, Dr. Livingstone starrte unverwandt in etwas, das er unmöglich einen afrikanischen Himmel nennen konnte. Doch ich ließ die schweigende Schar hinter mir.
Plötzliche Stille. Nur von einem leisen Gekratze unterbrochen. Natürlich werde ich die Show genießen. Und dann traf ich Billy Shears. Er eröffnete mir, gänzlich ohne Larmoyanz und eher trocken, nicht besonders bewegt, wie wichtig es sei gute Freunde zu haben. Aber das habe ich mir so ähnlich schon gedacht. Doch dann begegnete mir Lucinda McRainbow. Und das war, was eigentlich? Das gegenteil von ernüchternd?. Ich saß in einem leise dahingleitenden Ruderboot auf dem Doone River, Ye Banks and Braes oh Bonny Doone, wollte gerade ein Selfie mit mir, dem Fluss und blühendem Ginster machen, als ihr rosa - violtett, nein lila - himmelblaues, momentmal lindgrün - zitronenfaltergelbes,??? - eigenartig das Boot, in dem sie saß, wechselte dauernd die Farben. Fasziniert starrte ich hinüber und ich weiß nicht wie, plötzlich verwandelten sich die Ufer des Doone in verpackte Cellophanufer, als wären die Bäume, Sträuche und Blumen in ein gigantisches Blumenarrangement von "The British Garden" verwandelt, oder bloß von Lewis Carrol erfunden. Ich sah noch, wie sich die Farbenvielfalt der untergehenden Sonne als Reflexe des Wassers in den geweiteten Augen von Lucinda McRainbow spiegelten, dann trieb ich weiter. Doch eine leise Ahnung in mir, flüsterte, es könne ja nur besser werden. Und dann traf ich den "Lochmann". Keine Ahnung, wie er wirklich hieß, keine Ahnung, ob es durch ihn wirklich besser werden würde, obwohl schon etwas dran ist, wenn da einer im Lotussitz im strömenden Regen sitzt und den Gully anstarrt. Es hatte durchaus etwas Kontemplatives, aber sicher war ich mir nicht. Dann trat ich durch eine Türe, deren Ritzen gerade verspachtelt worden waren und stand auf einer dieser endlos langen Suburb Roads, die aussehen, als stünde man zwischen zwei Spiegeln und sähe in beiden Spiegeln ein Objekt ins Unendliche gespiegelt. Ich hatte so etwas schon einmal in einem Monty Python Film gesehen. Lauter graubraune, völlig gleich aussehende einstöckige Reihenhäuser, mit jeweils einer dreistufigen Treppe, die von abblätternden Türen zum grauschwarzen Trottoir führten. Ein älteres Paar stand in einem offenen Eingang. Er strich sich über die Halbglatze, sie weinte leise und unaufhörlich. Ihre Blicke waren auf das Fadenkreuz zwischen Horizontlinie und der sich ins Indifferente verlierenden Straße fixiert. Ganz kurz gegen den grauen Hintergrund vermeinte ich noch eine ferne, sich in den Hüften wiegende, schlanke Gestalt zu erkennen, aber das war vermutlich ein Trugbild.
Ich bog bald rechts ab und stand in einem Vorstadtszenario von beifußumrankten Planken, alten Wohnwägen und in der Mitte, ein alter Pitch - sicher immer nur von Halbwüchsigen zum Fußballspiel genutzt. Doch heute schien das anders zu sein. Über dem buckligen Fußballfeld spannte sich ein rot gelbes Zelt, ein Zirkus - und die alten Wohnwägen gehörten natürlich dazu! Ich trat an einen bärtigen Gentlemen heran, der in einer rotgelben Zirkusuniform etwas fast Militärisches ausstrahlte. Knapp stellte ich mich als Mr. Blanque vor. Er antwortete ebenfalls kurz, fast abgehackt, ganz wie ein Hauptmann: Kite! Nett, sie zu treffen. Halten sie hier heute eine Vorstellung ab, gab ich eher unterwürfig von mir. Ja, Sir. Und es ist die Letzte. Morgen, samstags, müssten sie schon in Bishopsgate spielen. Dort sei doch alles so verbaut, wo können man denn einen Zirkus aufstellen, wollte ich wissen. Eben, es handelt sich auch um ein verkürztes Programm, sie müssen uns schon heute besuchen, wenn sie alles sehen wollen. OK, oK gab ich ihm eine vorläufige Bereitschaft meinerseits zu verstehen. Was denn die Highlights ihrer Vorstellung seien? Kite antwortete sofort, er, natürlich. Als ehemaliger Staatsmeister am Trampolin springe er fast bis an die Zirkusdecke, doch da seien noch die grandiosen Hendersons, Tänzer von Gottes Gnaden. Doch der Star des Abends, der Publikumsliebling, das sei Henry, ein weißer Hengst, der das Auditorium zu Begeisterungsstürmen enflammiere. Übrigens sei er von Geburt Franzose, so wie sein ehrenwertes Gegenüber - er meinte mich - und man könne diesen Namen Henry durchaus auch französisch aussprechen, so wie Henry Quatorze oder den 15., den 16. - ich wisse doch, er meine es nicht anzüglich. Nun gut, ich kaufte ihm eine Karte für den heutigen Abend, 19 Uhr, ab, doch es war erst genau 11h am.
Aus einem Shop in Camden Town drang der Rauch von Räucherstäbchen. Eine große Leere befiel mich. Des nächsten Herz bedeutet Unerreichbarkeit. Aber nein. Da, in dem kleinen Park saßen inmitten eines abgelatschten Wiesenstücks ein paar Senioren und spielten Schach und Schwarze Johanna auf einigen wenigen eng zusammenstehenden Bänken. Ein kleiner, drahtiger Schnauzbart erspähte mich und lud mich auf einen Drink ein. Gordon sei eben 64 Jahre alt geworden. Drei Kinder kamen angelaufen. Eines hatte ein kleines Geschenkpaket in der Hand. Die kleine Vera, ein brauner Ponykopf, gratulierte dem Großvater verschmitzt, während die zwei Hosenmatze, Chuck und Dave verstohlen versuchten, sich ein paar Shortbreads vom hohen Tisch zu grapschen. Jemand grüßte laut und übertrieben "Guten Morgen". Irgendwie schwang da sogar ein Kikereki mit. Weder passend noch lustig. Aber es war oK. Dann hörte ich das zweitemal eine Blasmusik, die von einem Oberwachtmeister mit knappen Gesten dirigiert wurde, bevor ich in die Stille der Guildhall Library eintrat. Ich war in Londons Zentrum angekommen. Mein leichtes Schnaufeb besorgt unterdrückend setzte ich mich an einen der runden Lesetische und schlug den "Guardian" auf, den ich mir vom Zeitungsständer geholt hatte. Tara Browne war mit 160 km/h die nicht gerade breite Earls Court Road hinabgedonnert und gegen einen Truck gekracht. Sein Vater Dominick Brown, der vierte Baron von Oranmore und seine Mutter Oonagh Guiness, die jüngste der drei "Golden Guiness Girls" nahmen die Meldung in gefasster Trauer entgegen. Eine Filmkritik zerriss einen Antikriegsfilm und in Blackburn, Lancashire stellte man 4000 Löcher in den Straßen der Stadt fest. Irgendein kurzsichtiger Spaßvogel wollte den Leuten weißmachen, dass diese 4000 Löcher alle und zwar genau alle in die Royal Albert Hall hineinpassen würden. Ha, ha, ha.
Na, ja ein gewöhnlicher Tag im Leben, halt.
Der erste Italien-Urlaub
ptolemaios - 31. März 2017, 10:40
Im Sommer 1972, also mit 5 Jahren, war ich mit meinen Eltern (meine Mutter ist links von mir zu sehen) und meiner Schwester (rechts) in Venedig. Da ich aber meinen Teddy-Bären dort verlor, konnte ich die Stadt in meiner Trauer leider nicht genießen.
Formel Baby, Flugplatzrennen Sommer 1967
sofi - 31. März 2017, 10:03
Mit meinen Brüdern am Flugplatz Zeltweg, der 1967 in Fliegerhorst Hinterstoisser-Zeltweg umbenannt worden ist. An manchen Sommertagen fanden Rennen statt.