Bundesländer-Finanzen: Jeder kontrolliert selbst

Eigentlich gibt es ein Gesetz, das es dem Bund erlaubt, den Ländern und Gemeinden Budgetierungsregeln vorzuschreiben: damit es nicht unzählige Arten gibt, Schulden zu verbuchen, sondern nur mehr eine. Umgesetzt wird das Gesetz aber nicht. Der neue Finanzminister denkt aber jetzt laut darüber nach.

Morgenjournal, 30.9.2014

"Ich habe etwas Cooles entdeckt" - Es sind für einen Finanzminister eher unübliche Worte, mit denen Hans-Jörg Schelling kürzlich mehr Transparenz verlangt hat, und zwar bei den Länder- und Gemeindefinanzen. Gesprochen hat der VP-Politiker diese Worte gegenüber dem Nachrichtenmagazin profil. Die coole Entdeckung ist eine Gesetzesstelle, die es eigentlich dem Bund erlaubt, den Ländern und Gemeinden Budgetierungsregeln vorzuschreiben: damit es nicht mehr 15 Arten gibt, Schulden zu verbuchen, sondern nur mehr eine. Damit man endlich weiß, ob Länder und Gemeinden am Rande der Pleite sind oder nicht. Eigentlich, denn passiert ist eigentlich seit Jahrzehnten nichts.

Es muss was geschehen bei Verbuchung und Transparenz, sagten viele nach dem Auftauchen der Finanz-Desaster von Salzburg und Kärnten vor einigen Jahren. Her mit der sogenannten doppelten Buchführung, die die Wahrheit ans Licht bringt, über den Aktuellen Wert von Vermögensgegenständen und Zahlungsverpflichtungen wie zum Beispiel Haftungen. Es leider nichts geschehen, ärgert sich Werner Doralt, Finanzrechtsprofessor und notorischer Mahner in staatlichen Finanzdingen: Gar nichts hat sich getan, gar nichts und das ist ja die Schweinerei, bitte mit Verlaub.


Rechnungshof-Präsident Josef Moser mahnt ebenfalls, wenngleich mit nicht ganz so kräftigen worten: In Vorarlberg besteht seit Jahrzehnten bereits ein Rechnungswesen, das also eine Aussagekraft bietet. In den anderen Bundesländern wurden Beschlüsse gefasst, aber die Einführung steht noch an.

Finanzminister Hans Jörg Schelling, ÖVP, lässt nun in Interviews - jüngst auch im Ö1 Journal zu Gast aufhorchen, verweist aufs Finanzverfassungsgesetz 1948. Da steht zu lesen:

§ 16. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Rechnungshof Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften insoweit regeln, als dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist.


Also, so Schellings Wink mit dem Zaunpfahl - er könne schon die doppelte Buchführung verordnen für die Länder und tausenden Gemeinden, wenn nichts weitergeht.

Rechnungshofpräsident Josef Moser, der laut Gesetz zweite erforderliche Akteur für so ein Projekt zeigt sich - für den Fall des Falles - nicht völlig abgeneigt: Der Rechnungshof hat in dem Fall die Möglichkeit, einvernehmlich eben mit dem Finanzminister eine Vereinheitlichung des Rechnungswesens durchzuführen. Das fordert der Rechnungshof schon seit mehr als zehn Jahren ein, dass also das tatsächlich gemacht wird. Die weiteren Schritte sind da seitens der Politik zu treffen. Der Rechnungshof wird aber massiv darauf achten, dass das Gesetz auch tatsächlich eingehalten wird.

Auf eine Jahreszahl, wann denn Länder und Gemeinden endlich auf doppelte Buchführung umgestellt haben sollen, möchte sich der Rechnungshofpräsident nicht festlegen. Finanzrechts-Professor Doralt hingegen schon: Also ab 2016 sollten solche Rechnungslegungsvorschriften bestehen - nämlich auch so, dass sie auch ab 2016, dann auch befolgt werden können.

Und, so Doralt, Finanzminister Schelling solle sich auch nicht von der sogenannten Heiligenbluter Vereinbarung aus dem Jahr 1974 aufhalten lassen, in der zwischen Bund und Ländern vereinbart worden ist, die einheitliche Buchführung nur mit Zustimmung der Länder einzuführen. Diese Vereinbarung, so Doralt, sei aus verfassungsrechtlichen Gründen null und nichtig.

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