Wallner pocht auf Finanzautonomie der Länder
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ist "Im Journal zu Gast" und spricht über die Bedeutung des Föderalismus für Österreich und welche Konsequenzen aus dem Salzburger Finanzskandal gezogen werden müssen. Weitere Themen sind die Wehrpflichtvolksbefragung und das jüngst geschnürte Demokratiepaket der Bundesregierung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.12.2012
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) im Journal zu Gast bei
Gegen Verfassungsgesetz zu Finanzen
Mehr Transparenz, mehr Finanzregeln, strengere Kontrollen der Länderschulden: Die ÖVP erweckt den Anschein, als würden diese Maßnahmen zum Untergang der Bundesländer führen. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner: "Ich habe da eine andere Sicht der Dinge: Wir hatten in Innsbruck eine außerordentliche Landeshauptleutekonferenz. Dort haben wir uns auch dazu bekannt, dass ein Spekulationsverbot, auch einige einheitliche Regelungen im Finanzmanagement durchaus verankert werden können. Wir haben aber auch festgehalten: Es ist dazu nicht notwendig, einen Eingriff in die Finanzautonomie der Bundesländer zu machen."
Wallner verweist auf sein Bundesland Vorarlberg, wo auch ohne Eingriff von außen eine solide Finanzpolitik bestehe, ohne Schuldenberge, ohne Spekulationen wie Zins-Swaps oder Derivatgeschäfte. Laut Markus Wallner belaufen sich Vorarlbergs Schulden auf 113 Millionen Euro. Diese sollen im nächsten Jahr eingefroren, wenn nicht abgebaut werden. Kredite würden unter Regionalbanken ausgeschrieben.
Wallner für Bund-Länder-Vereinbarung
"Die Vorfälle in Salzburg machen es aus meiner Sicht notwendig, Konsequenzen zu ziehen", räumt Landehauptmann Wallner ein. "Bei hochriskanten spekulativen Geschäften, die man allerdings näher definieren muss, macht es Sinn zu sagen: Das darf eigentlich nicht stattfinden. Im Wege einer 15a-Vereinbarung – Stichwort Stabilitätspakt Bund und Länder – ließe sich das relativ rasch ganz gut verankern", sagt Wallner. Er ist aber kein Freund einer Zentralisierung, darin und in der Bundesfinanzierungsagentur sieht er kein Allheilmittel. Wallner habe gute Erfahrungen mit 15a-Vereinbarungen gemacht, als Beispiele nennt er die Gesundheitsreform und den Stabilitätspakt.
Während ein Verfassungsgesetz praktisch unumstößlich ist, könnte eine 15a-Vereinbarung jederzeit aufgekündigt werden. Trotzdem erachtet Wallner eine Verfassungsbestimmung nicht für erforderlich. "Ich kenn kein Bundesland, das ansatzweise daran denkt – und es wird auch in Zukunft nicht so sein – den Stabilitätspakt aufzukündigen. Das käme einem Schiffbruch gleich", erklärt Wallner.
"Bundesfinanzierungsagentur kein Allheilmittel"
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) spricht von "gläsernen Kassen". Landeshauptmann Wallner habe kein Problem damit: "Das soll für alle Seiten – Bund und Länder – gelten. Wir haben im Stabilitätspakt vereinbart, eine Haushaltskoordinierung vorzunehmen. Dort gibt es umfangreiche Berichtspflichten für beide Seiten, da müssen die Daten ohnehin auf den Tisch gelegt werden."
Experten empfehlen, der Bundesfinanzierungsagentur das gesamte Schuldenmanagement zu übertragen. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) rechnet vor: Würden alle Länder ihre Schulden über die Bundesfinanzierungsagentur aufnehmen, würden sie sich 150 Millionen Euro sparen. Kein Bundesland soll gezwungen werden, mit der Bundesfinanzierungsagentur zusammenzuarbeiten, erklärt Wallner und fährt fort: "Wir haben diese Agentur bisher nicht gebraucht, weil wir überhaupt wenig Schulden eingegangen sind. Wir brauchen dazu nicht unbedingt Bundesstellen. Es gibt andere Bundesländer, die mit der Bundesfinanzierungsagentur arbeiten, da unterliegt man auch bestimmten Richtlinien". Das findet Wallner prinzipiell auch in Ordnung. Er sieht aber keinen Grund, das Vorarlberger Schuldenmanagement an die Bundesfinanzierungsagentur zu übertragen. Immerhin sei dort auch vor einigen Jahren spekuliert worden, was abgestellt wurde.
"Die Weihnachtsfeiertage könnte man nützen, um sehr schnell in eine Regelung hineinzufinden. Die ersten Gespräche sind in Gange." Als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz wird Markus Wallner achten, dass dabei die Länderautonomie gewahrt bleibt. In der ersten Jännerhälfte wäre aus seiner Sicht eine Einigung erzielbar.
Föderalismus ein Standortvorteil?
Nächstes Jahr führt Wallner den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz – ein mächtiges Gremium, das es laut Gesetz eigentlich nicht geben dürfte. Warum sollten die Bundesländer in so vielen wichtigen Bereichen eines Kleinstaates mitreden? "Im internationalen Vergleich sind wir bei Gott nicht so föderal, wie das ausschaut", betont Wallner. Länder wie Deutschland und die Schweiz könnten aus ihrem Föderalismus sogar Standortvorteile lukrieren.
Dass die Bundesländer ein Bremser-Image bei vielen Reformvorhaben hätten, sieht Wallner naturgemäß anders. Er verweist auf die Gesundheitsreform und den Stabilitätspakt. "Gerade in den letzten Monaten habe ich den Eindruck, dass wir miteinander viel weiterbringen. Es könnte zum Beispiel im Bildungsbereich noch besser werden." Noch mehr Föderalismus "würde dem Staat nicht schaden", so Wallner.
Zu Wehrpflicht: "Man darf auch klüger werden"
2013 ist Super-Wahljahr, beginnend mit der Wehrpflichtsvolksbefragung. Diese ist für Wanner "unumgänglich". "Beim Bundesheer habe ich schon seit einigen Jahren den Eindruck, dass es notwendig ist, offen darüber zu diskutieren, wohin der Weg gehen sollte. Es ist auch dem Heer gegenüber nicht gut, wenn solche Fragen nicht geklärt werden. Offenbar war eine Einigung auf Bundesebene in dieser Fragestellung seit Längerem nicht erzielbar", sagt Wallner. Früher galten Zivildiener in der ÖVP als "Drückeberger", die ÖVP war selbst für ein Berufsheer. Doch "die Zeiten ändern sich, man darf auch klüger werden", erklärt Wallner den ÖVP-Schwenk.
Zum Demokratiepaket, in dem Volksbegehren und das Persönlichkeitswahlrecht ein wenig aufgewertet werden, sagt Wallner: "Die Richtung stimmt schon, ich war überrascht, dass hier so eine schnelle Einigung zustande kommt. Vielleicht könnte man anregen, in diesen Fragen noch ehrgeiziger zu sein. Ich finde, man könnte der Persönlichkeitsstimme etwas mehr an Gewicht einräumen."
Laut Umfragen ist in Vorarlberg die absolute Mehrheit der ÖVP schon weg - dann "droht" eine Koalition. Ob er eine Partei als möglichen Koalitionspartner ausschließt, darauf will sich Landeshauptmann Wallner vor der Wahl nicht festlegen.