Schlafforscher Manfred Walzl

Lebenselixier Schlaf

In Europa leiden 38 Prozent der Bevölkerung an Schlafstörungen, in den USA sind es bereits 75 Prozent. Eine der vielen Schlafstörungen ist das Schnarchen, dem im Schlaflabor von Manfred Walzl intensive Forschung gewidmet ist.

Starkes Schnarchen stört nicht nur die nächtliche Zweisamkeit. Es kann sich hinter der akustischen Belästigung, die eine Lautstärke bis zu 85 Dezibel und damit die eines Motorrades erreichen kann, auch ein beachtliches Gesundheitsrisiko verbergen. Mehr Männer als Frauen sind von der so genannten obstruktiven Schlafapnoe (OSA) betroffen.

Vor allem Männer sind betroffen

Geschätzt jeder zweite Mann über 35 ist ein sogenannter primärer Schnarcher, das heißt, er macht sich mehr oder weniger regelmäßig durch laute Atemgeräusche der oberen Atemwege bemerkbar. Dadurch fühlen sich die Mitmenschen von Schnarchern oft in hohem Grade gestört, allerdings treten selten gesundheitliche Schäden durch dieses Schnarchen auf.

Kommt es allerdings durch gestörtes Zusammenspiel der Atmungsmuskulatur oder mechanische Behinderungen des Luftstroms zu mehrmaligen Atempausen (Apnoen), die mindestens zehn Sekunden dauern, so sind im Laufe der Zeit Nebenerscheinungen durch die Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff quasi vorprogrammiert. Wenn im Schlaf die Muskeln, die die oberen Atemwege offen halten, erschlaffen, kommt es zu einer Verengung oder sogar zu einem Verschluss der Atemwege. Dann ist der Weg für die Atemluft versperrt und die Atmung kann nicht mehr geordnet stattfinden. Die Störung des Schlafes und Bedrohung des Stoffwechsels sind unausweichlich. Die Erkrankung selbst bleibt dennoch oft unerkannt, da der Erkrankte oder auch sein Partner das unregelmäßige Schnarchen bzw. die Atempausen dazwischen selbst nicht hört.

Gesundheitliche Folgen

Erkrankte klagen oft über unerholsamen Schlaf, morgendliche Kopfschmerzen, exzessive Tagesschläfrigkeit, Gereiztheit, Depression, die auf die kurzzeitige Sauerstoffunterversorgung des Körpers und die damit kurzfristigen "Arousals" (Erwachen) zurückzuführen sind, so Wolfgang Schreiber, der ebenso wie das Grazer "Schnarchlabor" im Universitätsklinikum Kontrolluntersuchungen hinsichtlich OSA durchführt. Häufige Folgen der OSA sind: Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall im Schlaf, sowie erhöhte Unfallhäufigkeit am Arbeitsplatz oder im Straßenverkehr.

"Der gestörte Schlaf gilt als extremes Unfallrisiko", so der Leiter des Zentrums für Schlafmedizin an der Grazer Sigmund-Freud-Landesnervenklinik, Manfred Walzl. "Rund 24 Prozent aller tödlichen Unfälle und insgesamt jeder dritte Unfall werden durch schlechten Schlaf verursacht", so Walzl.

Das "Ikarus-Prinzip"

Seit vielen Jahren setzt sich der Arzt und Neurologe Manfred Walzl mit dem Phänomen Schlaf auseinander. Er ist einer der profiliertesten Schlafforscher und Schlaftherapeuten Europas. "In Europa leiden bereits 38 Prozent der Bevölkerung an Schlafstörungen, in den USA sind es bereits 75 Prozent", so Walzl. "Der Schlaf kommt aus unterschiedlichen Gründen in der heutigen Zeit viel zu kurz", meint er. Waren früher neun Stunden Schlafzeit die Regel, so sind es heute nur noch durchschnittlich 6,1 Stunden. Die Folgen sind fehlende Regenerationszeiten, Vitalitätsmangel und eine Vielzahl für die heutige Zeit typischer Gesundheitsprobleme.

Für Manfred Walzl sind Schlafstörungen eine typische Folge des modernen Lebenswandels in der Leistungsgesellschaft: "Ich nenne es das 'Ikarus-Prinzip'. Wir wollen immer schneller, weiter, höher hinaus und kommen immer mehr in die Nähe der Sonne, sprich der Überforderung. Die Flügel schmelzen und wir stürzen ab. Eine der Folgen dieses Sturzes ist die Schlafstörung."

Service

Landesnervenklinik Graz - Fachbereich für Schlafmedizin