700 Verdachtsfälle in Österreich

Staatsanwälte spezialisieren sich

Rund 700 Verdachtsfälle wurden in Österreich seit Beginn der Debatte um Missbrauch in der Kirche registriert, so die Daten des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie. Doch nur ein Bruchteil dieser Fälle gelangt auch zur Anzeige. In allen Staatsanwaltschaften wird sich nun jeweils ein spezialisierter Staatsanwalt/Staatsanwältin um die Missbrauchsfälle kümmern.

Mittagsjournal, 14.04.2010

Anlaufstelle für Missbrauchsopfer

"Kontakt-Staatsanwalt für Missbrauch" heißt die Person, die künftig Anlaufstelle für Missbrauchsopfer bei der Staatsanwaltschaft ist. In Wien und in Linz gibt es diesen Kontakt-Staatsanwalt bereits, heißt es im Justizministerium.

Prüft Verfahrenseröffnung

Auch in Graz wurde bereits eine Kontakt-Staatsanwältin bestellt. Alle Missbrauchsfälle werden ihr übertragen. Zur Zeit erstellt die Polizei noch Opfer- und Beschuldigtenlisten, anschließend wird die Staatsanwältin die Sachverhalte prüfen und beurteilen, welche Delikte bereits verjährt sind, und welche in ein Verfahren münden.

Sonst an die Polizei wenden

In den anderen Staatsanwaltschaften soll noch diese Woche bestimmt werden, wer diese Funktion übernimmt. Erste Anlaufstelle für Missbrauchsopfer sind neben der Polizei auch die gerichtlichen Ombudsstellen - sie können Betroffene dann an eine konkrete Person bei der Staatsanwaltschaft verweisen, was die Vorgangsweise für die Opfer möglicherweise erleichtert, sagt ein Sprecher.

Vorwiegend im persönlichen Umfeld

Bei der Polizei hat es heuer bereits 700 Anzeigen wegen strafbarer Handlungen gegen die Sittlichkeit gegeben. Hier werden allerdings alle Sexualstrafdelikte erfasst - also auch jene, die im nicht-kirchlichen Bereich stattgefunden haben. Nach Expertenschätzungen machen Übergriffe im persönlichen Umfeld des Opfers - also v.a. im familiären Kreis - 80 bis 90 Prozent der Missbrauchsfälle aus.

Noch kein Überblick

Wie viele Fälle von Missbrauch in der Kirche österreichweit tatsächlich von Gerichten verfolgt werden, ist derzeit unklar. Allein in Linz übermittelt die Kommission gegen Missbrauch in der Kirche rund 30 Anzeigen an die Staatsanwaltschaft, in Innsbruck liegen 12 Anzeigen vor. in vielen anderen Staatsanwaltschaften muss die genaue Zahl der Fälle erst ermittelt werden.
und die Plattform betroffene kirchlicher Gewalt spricht von mindestens 50 Betroffenen, die ihre Missbrauchsfälle vor Gericht bringen wollen.

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