Abfuhr für Merkel
G20: Keine Einigkeit über Bankensteuer
Die führenden Wirtschaftsnationen der Welt, die G-20 tagen an diesem Wochenende im kanadischen Toronto. Eine Einigung über die vieldiskutierte Bankensteuer oder die Transaktionssteuer auf globaler Ebene wird nicht erwartet. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist bereits gestern mit ihrer Forderung nach einer Bankenabgabe abgeblitzt.
8. April 2017, 21:58
Kein Streit zu Defizit-Abbau
Der vielfach befürchtete große Streit zwischen den Europäern und den USA über die Notwendigkeit eines schnellen Defizit-Abbaus ist zum Auftakt des G-8-Gipfels in Kanada ausgeblieben. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach der ersten Arbeitssitzung am Freitag im kanadischen Huntsville: "Die Diskussion war nicht kontrovers."
Nicht nur sei die Position von Deutschland und seinen Partnern im Euro-Raum, dass der Defizitabbau mit der Rückkehr des Wirtschaftswachstums nun unabdingbar sei, von Ländern wie Japan, Großbritannien oder Russland geteilt worden. Auch US-Präsident Barack Obama habe hier keinen Gegensatz aufgebaut. Vielmehr sei der Wille erkennbar gewesen, unterschiedliche Positionen zusammenzubringen.
Gemeinsam gegen die Krise
Auch der britische Regierungschef David Cameron sagte, er sei wegen seiner Pläne zum Defizitabbau nicht mit den USA über Kreuz. "Ich denke, dass die G-8 in der Tat zu dem Schluss kommen werden, dass die Länder mit den größten Problemen einen Gang zulegen müssen, und das haben wir getan", erklärte er. Auch Obama nahm Druck aus der Diskussion.
Vielmehr mahnte er die wichtigen Wirtschaftsnationen zur engen Zusammenarbeit, weil ihre Volkswirtschaften so eng verbunden seien. Es gehe um die Förderung von Wachstum in der Welt, aber auch um Nachhaltigkeit. Obama feierte kurz vor dem Gipfel zudem einen wichtigen politischen Erfolg. Der US-Kongress ebnete den Weg für eine umfassende Finanzmarktreform mit schärferen Regeln für die Finanzwelt. Partner wie Deutschland nannten das ein wichtiges Signal.
Merkel für Defizitabbau
Deutschland, die Europäer und die USA streiten seit Wochen darüber, ob jetzt schon der richtige Zeitpunkt für eine Abkehr von der teuren Krisenbekämpfung hin zum Abbau der horrenden Haushaltsdefizite gekommen ist. Die US-Regierung hatte zudem wiederholt angedeutet, sie sehe bei Ländern mit hohen Überschüssen im Handel Spielräume, noch mehr für das weltweite Wachstum zu tun. Merkel betonte zu Beginn des G-8-Treffens, der Defizitabbau sei unabdingbar in Europa, nicht zuletzt, um Vertrauen in den Euro zurückzubringen. Intelligentes Sparen und nachhaltiges Wachstum müssten kein Gegensatz sein.
Gegensätze heruntergespielt
Ein Vertreter des Gipfel-Gastgeberlandes Kanada bemühte sich, Sorgen über hitzige Debatten zu zerstreuen. Es gebe zwar Differenzen zwischen den Teilnehmerstaaten, dabei handele es sich aber nur um Feinheiten, sagte er zu Reuters.
Auch OECD-Generalsekretär Angel Gurria spielte die Gegensätze herunter. Richtig sei, dass der Defizitabbau bei manchen Ländern dringlicher sei als bei anderen, sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist kein Dilemma", unterstrich er. Beides sei notwendig, sowohl die Staatshaushalte in Ordnung zu bringen, als auch das Wachstum dauerhaft zu stärken.
Bessere Überwachung der Finanzmärkte
An einen Konsens über Bankenabgaben auf globaler Ebene glaubt Merkel kaum mehr und noch weniger daran, dass eine weltweite Finanztransaktionssteuer möglich werden könnte. Nicht nur einige Industrieländer wie Kanada, Australien und Japan seien dagegen, sondern auch Schwellenländer. Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten schon früher gesagt, notfalls müsse Europa allein handeln.
Merkel zeigte sich überzeugt, dass der Gipfel in Fragen der Regulierung Zeichen setzen wird. "Einige Signale werden ausgehen, andere dann im Herbst von Südkorea, dem zweiten G-20-Gipfel in diesem Jahr." Vom Ziel, dass jeder Finanzmarkt, jeder Finanzmarktakteur und jedes -produkt angemessen überwacht werden müsse, dürfe man nicht abweichen. "Die Welt braucht eine neue Finanzmarktarchitektur", unterstrich die deutsche Bundeskanzlerin.
Morgenjournal, 26.06.2010
Eine Reportage aus Toronto von ORF-Korrespondenten Wolfgang Geier und Hanno Settele
Auch Gesundheits- und Klimathemen
Die G-8-Staaten wollen mehrere Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen Kinder- und Müttersterblichkeit geben. Als Gastgeber des Gipfels der sieben großen Industrienationen und Russland (G-8) stellte Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper am Freitag für seine "Muskoka Initiative" knapp drei Milliarden kanadische Dollar bereit.
Der Gipfel der acht führenden Industrieländer (G-8) - USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Russland - wird sich bis Samstag noch mit Fragen der Entwicklungs-, Außen-, Sicherheits- und Klimapolitik befassen. Am Samstagabend geht das G-8-Treffen dann in den Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) in Toronto über. Dabei stehen die Finanzmarktregulierung und Fragen einer nachhaltigen Wachstumspolitik im Vordergrund.
Eine Milliarde für die Sicherheit
Für die kanadische Regierung ist dieser Gipfel eine kostspielige Angelegenheit: Eine Milliarde Euro legt Kanada aus und mobilisiert 120.000 Soldaten für die Sicherheit der Politprominenz. Geschützt werden müssen die Staats- und Regierungschefs vor allem vor den Globalisierungsgegnern, die in den Mächtigen sowohl die Verantwortlichen für die Finanzkrise als auch die Ohnmächtigen in der Krise sehen. ORF-Reporter Lucien Giordani hat mit einem jener gesprochen, die nach Toronto gereist sind, um die Botschaft der Kritik anzubringen. Thomas Gegenhuber ist Österreicher und beschreibt die Atmosphäre in Toronto. Es ist eine Atmosphäre der Angst.
Morgenjournal, 26.06.2010
Gespräch mit Thomas Gegenhuber, Toronto