Bringt Fußball WM nachhaltigen Aufschwung?

Südafrikas Wirtschaft

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika ist in ihrer spannendsten Phase. Die Viertelfinalbegegnungen stehen an und noch sind viele der Favoriten mit dabei. Aber nicht nur in Südafrika stellt man sich die Frage, ob und wenn ja was dieses sportliche Großereignis dem Land gebracht haben wird.

Mittagsjournal, 01.07.2010

Gute Infrastruktur in Ballungszentren

Wer zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika kommt und schon länger nicht im Land war, wird überrascht sein. Denn Südafrika präsentiert sich was die Infrastruktur anlangt, in einem besseren Zustand, als von vielen erwartet. Zehn neue Stadien, neugebaute oder renovierte Straßen, fünfspurig ausgebaute Autobahnen, ein funktionierendes Handy-Netz, gute Internetanbindungen und ein ausgezeichnetes Bankenwesen sind beeindruckend.

Rob, ein Bauingenieur, bringt es auf den Punkt:
Die wichtigsten Stadien wurden in der Region Johannesburg und Pretoria gebaut. Dort ist auch der große internationale Flughafen und deshalb wurden die Autobahnen fünfspurig ausgebaut.

Arbeitslosigkeit weiter hoch

In den Ballungszentren ist also vieles verbessert worden, die ländlichen Gebiete sind aber - wie schon immer seit dem Ende der Apartheid vor 18 Jahren - quasi links liegen gelassen worden.

Trotz riesiger Investitionen von umgerechnet mehreren Milliarden Euro für die Weltmeisterschaft ist die Arbeitslosigkeit unglaublich hoch. Offiziell liegt sie bei 25 Prozent, tatsächlich eher bei 40.

Michael Cafe ist Vizepräsident von Morgan Stanley Südafrika, und beobachtet für den internationalen Finanzdienstleister die Entwicklung seiner Heimat sehr genau. Ganz ehrlich. Egal welche Politik die Regierung macht, mit der riesigen Arbeitslosigkeit müssen wir noch mindestens ein oder zwei Generationen lang leben, ehe die Veränderungen greifen.

Schwarze Bevölkerung weiter benachteiligt

Schuld daran ist nach Ansicht Cafes der riesige Rückstau noch aus der Zeit der Apartheid. Es gibt nach wie vor Millionen schlecht oder nicht ausgebildeter Menschen - fast alle schwarz - denen wegen mangelnder Qualifikation nicht einmal Arbeit angeboten werden kann.

Vor der WM ist viel getan worden. Die meisten Bauarbeiter kamen aus den Armenvierteln, aber wir reden von einer Arbeitslosenrate von mindestens 40 Prozent. So ein Problem kann man nicht lösen indem man zehn neue Stadien baut, dazu braucht man vielmehr.

Wie geht es nach der WM weiter?

Bauingenieur Rob sieht aus seiner Warte auch wenig weitere Chancen. Die WM hat zwar einigen kurzfristig Jobs gebracht, aber was kommt nach dem großen Spektakel?

Viele werden wieder arbeitslos. Die Bauarbeiten haben zwar vielen schlecht ausgebildeten Menschen Arbeit verschafft, aber jetzt wo alles fertig ist, gibt es kaum noch Jobs für sie.

Schlechte Bedingungen in ländlichen Gebieten

Was Südafrika dringend braucht, ist eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Millionen Menschen. Bis zu 20 Millionen Südafrikaner vor allem in den ländlichen Gebieten und in den Armenvierteln haben zum Beispiel kein fließendes Wasser und kein Abwasser, manchmal auch keinen Strom - auch wenn alle Regierungen in den letzten zwei Jahrzehnten versprochen haben, diese Situation zu verändern.

Bildung ist Schlüssel zum Erfolg

Der Schlüssel zum Erfolg, da sind sich Experten aus allen Bereichen einig, ist die Bildung. Michael Cafe spricht aus eigener Erfahrung.

Ich habe an zwei Universitäten unterrichtet, einer schwarz und einer weiß dominierten. Das Niveau könnte unterschiedlicher kaum sein. Da werden viele Regierungen noch sehr lange brauchen bis die Schwarzen bei der Ausbildung gleichgezogen haben.

Neues Atomkraftwerk geplant

Auch die Energieversorgung ist ein Sorgenkind. Selbst während der Fußballspiele wird im Fernsehen immer wieder dazu aufgefordert, möglichst alle Stromverbraucher bis auf das Fernsehgerät abzudrehen, damit Ausfälle oder Zwangsabschaltungen vermieden werden können.

Bauingenieur Rob: Über die Stromversorgung redet man hier schon lange. Viele Menschen halten jetzt noch den Atem an und hoffen, dass es während der WM keine Stromausfälle gibt. In den letzten zwei haben sie im ganzen Land überhandgenommen.

In den nächsten Jahren soll deshalb ein zweites Atomkraftwerk in Südafrika gebaut werden - und zwar mit einer bisher kommerziell noch nicht genutzten Technik.

Mehr Gemeinsamkeit durch WM

Während Staatspräsident Jacob Zuma davon ausgeht, dass sein Land von der WM auch wirtschaftlich langanhaltend profitieren wird, bezweifeln Experten, dass es nach dem Sportspektakel im gleichen Tempo weitergeht, wie bis dahin. Eines hat die WM Südafrika aber jedenfalls gebracht: ein bisher unbekanntes Gemeinschaftsgefühl