"Soziale Impfung" gegen steigende Armut

Langzeitfolgen von Aids wenig beachtet

Die Bekämpfung von Aids steht im Mittelpunkt der internationalen Aids-Konferenz. Doch die wirtschaftlichen Langzeitfolgen würden zu wenig beachtet, warnt Aids-Experte Tony Barnett. Vor allem in Afrika werde sich die Armut verschlimmern. Zu viele junge Menschen sterben, die eigentlich Ärzte, Ingenieure oder Lehrer werden könnten.

Mittagsjournal, 21.07.2010

Politiker um schnelle Lösungen bemüht

Was passiert in einem Land, wie zum Beispiel, Zimbabwe, wenn immer mehr junge Menschen an AIDS sterben und es viel zu wenig Ärzte, Ingenieure, Lehrer oder Bauern gibt? Diese Frage würde in der Diskussion über HIV Aids oft vernachlässigt, sagt Tony Barnett, Aids Experte an der London School of Economics. Die wirtschaftlichen Langzeitfolgen von Aids würden von Politikern zu wenig beachtet, die öffentliche Diskussion drehe sich zu sehr um schnelle Lösungen.

Experten fehlen

Welche wirtschaftlichen Langzeitfolgen Aids haben kann, zeigt sich vor allem in Afrika, in Ländern wie Simbabwe, Mozambique und Südafrika, da dort sehr viele Menschen an Aids sterben. Vor allem junge und heterosexuelle Menschen. Genau jene, die eigentlich Mitten im Arbeitsleben stehen sollten, sagt Barnett. In den nächsten Jahren werden in allen wichtigen Berufsgruppen die Experten fehlen.

Schlechte Bildung bremst Wachstum

"Viele Kinder werden zu Waisen werden. Wertvolles Wissen wird in den Familien nicht weitergegeben und elternlose Kinder werden schlecht ausgebildet. Der Wirtschaft wird also über Generationen die Basis entzogen", erklärt Barnett. Die Wirtschaft in den betroffen Ländern werde zwar nicht kollabieren, aber das Wachstum werde weiter verlangsamen, in Afrika rund ein bis zwei Prozent pro Jahr über die nächsten 20 Jahre schätzt Barnett. Aber die Schätzungen darüber sind ungenau und schwammig. Da es keine genauen Zahlen gebe, gebe es auch zu wenig Druck auf die Regierungen, langfristig zu investieren, so der Aids-Experte.

Mikrokredite als Lösungsansatz

Helfen könne man vor allem, indem man Frauen mit Mikrokrediten unterstützt, sagt der Experte. "Denn Studien zeigen, besonders arme Frauen werden sexuell missbraucht oder rutschen in die Prostitution. Wenn Frauen ein Einkommen haben, sind sie weniger anfällig für Missbrauch und das senkt auch die Ansteckungsgefahr", erklärt Barnett. Der Aids-Experte nennt das eine "soziale Impfung". Finanzielle Hilfe wie diese und langfristige Bildungsoffensiven seien dringend notwendig, damit Aids das Land Afrika nicht noch tiefer in die Armut stürzt.