Minderheitskabinett mit Rechtsaußen-Hilfe?

Niederlande vor Regierungsbildung

Sieben Wochen nach den Wahlen haben die Niederlande noch immer keine Regierung. Wahlsieger waren die Rechtsliberalen unter Parteichef Mark Rutte. Aber Zünglein an der Waage ist der populistische Anti-Islam-Aktivist Geert Wilders. Rutte strebt nämlich eine Minderheitsregierung an und ist auf Wilders Unterstützung angewiesen.

Abendjournal, 2.8.2010

Sich Wilders ausliefern?

Ein Minderheitskabinett, das hat es noch nie gegeben in den Niederlanden. Rechtsliberale und Christdemokraten wären für ihre geplante Rechtsregierung noch dazu weitgehend von Geert Wilders abhängig, dem anti-islamischen Provokateur, der den Koran mit "Mein Kampf" vergleicht und für eine Kopftuchsteuer wirbt.

Wilders würde zwar keine Minister stellen, die geplante Minderheitsregierung jedoch im Parlament unterstützen. Dieses Modell ist über das Wochenende bei beiden bürgerlichen Parteien heftig unter Beschuss gekommen. Ein ehemaliger liberaler Parlamentspräsident kritisiert, seine Partei habe sich mit Haut und Haar den anti-islamischen Aktivisten ausgeliefert, die eine Minderheitsregierung mit extremen Forderungen, wie einem Moscheen-Verbot vor sich her treiben könnte.

Religion oder Ideologie?

Der christdemokratische Ex-Parlamentspräsident Bert de Vries droht mit Parteiaustritt, wenn das Prinzip der Religionsfreiheit nicht mehr garantiert sei. Bei den informellen Koalitionsverhandlungen haben sich die Rechtsparteien über die merkwürdige Frage nicht einigen können, ob der Islam eine Religion ist oder nicht. Geert Wilders behauptet es handle sich um eine Ideologie, nicht um Religion.

Königin gegen Experimente

Noch heute Abend könnte Königin Beatrix zum Zug kommen, die angesichts der schwierigen Sparaufgaben der nächsten Jahre keine gewagten Experimente, sondern eine stabile Regierungsmehrheit verlangt. Frühere Bemühungen zur Bildung einer großen Koalition mit den Sozialdemokraten und ohne Geert Wilders sind allerdings an unterschiedlichen Sparvorstellungen gescheitert.

Der umworbene Rechtsaußenpolitiker, stets um neue Schlageilen bemüht, hat inzwischen die Gründung einer internationalen anti-islamische Bewegung mit dem Namen Geert Wilders Allianz für die Freiheit angekündigt.