Verfahren dauern zu lange
Korinek für "Neuausrichtung"
Beim früheren Verfassungsgerichtshofpräsidenten Karl Korinek haben die jüngsten Veröffentlichungen, wie er sagt, ein "ungutes Gefühl" hinterlassen. Korinek meint im Ö1-Interview "Im Journal zu Gast", die Justiz arbeite in Korruptionsfällen zu langsam, und er fordert eine "Neuausrichtung".
8. April 2017, 21:58
"Man hat schon ein ungutes Gefühl"
Der frühere Verfassungsgerichtshofpräsident Karl Korinek "Im Journal zu Gast" bei
"Es dauert alles zu lange"
Korinek will zur aktuellen Affäre um Haider-Konten nichts sagen, aber "ganz generell" merkt er an, er habe ein "ungutes Gefühl damit, dass die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität sehr langsam vor sich geht". Korinek meint: "Es dauert alles zu lange, das ist unser Hauptproblem." Das Argument, die Ermittlungen in Wirtschaftsfällen sei so aufwändig, lässt Korinek nicht gelten: "Ich kenne sehr viele Berichte von Staatsanwälten über nahezu 40 Jahre und weiß, dass sich da etwas geändert hat" - zum Negativen.
Mehrere Ursachen
Eine der Ursachen ist nach Ansicht Korineks die zunehmende Komplexität der Fälle bei gleichem Personalstand: Die Staatsanwaltschaften seien "personell und von den Ressourcen her enorm unterdotiert". Eine weitere Ursache liege mehr als 30 Jahre zurück, als man die juristische Ausbildung von ökonomischen Ausbildungen getrennt habe. Nach der heutigen Jus-Ausbildung sei es nicht mehr selbstverständlich, dass man eine Bilanz lesen könne.
Korruptionsstaatsanwaltschaft "lächerlich" besetzt
Und schließlich kritisiert Korinek die Konstruktion der Korruptionsstaatsanwaltschaft: Die Besetzung dieser Behörde mit sieben oder acht Staatsanwälten sei "international gesehen lächerlich".
"Neuausrichtung" erforderlich
Man müsse auf die Entwicklungen organisatorisch reagieren. "Man muss auch etwas tun, um diese komplexeren Dinge in den Griff zu bekommen." Bei einer Neuausrichtung müssten drei Elemente zusammenspielen: organisatorische Verbesserung, mehr Personal und bessere ökonomische Kenntnisse. Sollte man im Justizministerin nicht an einer solchen Neuausrichtung arbeiten, dann wäre das unverständlich, so Korinek. "Aber vielleicht tut man's", vermeidet der Ex-Höchstrichter direkte Kritik an der Justizministerin.
Sorgfalt ja, Verzögerung nein
Dass Politiker in Österreich von den Ermittlungsbehörden mit Samthandschuhen angefasst würden, glaubt Korinek nicht. Dass aber Verfahren mit besonderer Sorgfalt geführt werden, sei an sich nicht schlecht, doch dürfe das nicht zu Verzögerungen führen. Damit tue man den Betroffenen selbst nichts Gutes.
Mangelnde "Selbstreinigung" der Justiz
Kritik übt der Ex-Verfassungsgerichtspräsident auch an mangelnden Konsequenzen für Fehler, die in der Justiz passieren: Die Unabhängigkeit der Justiz könne nur von Dauer sein, wenn die "Selbstreinigung" funktioniere und es entsprechende Aufsichtsverfahren gibt. "Und hier hapert's ganz deutlich. Hier haben wir einen großen Nachholbedarf."
ASFINAG-Job nicht problematisch
Kein Problem sieht Korinek in der Bestellung einer Höchstrichterin in den Aufsichtsrat der Autobahn-Betreiberfirma ASFINAG. Das werde privatwirtschaftlich abgewickelt und außerdem werde ein Ersatzmitglied bestellt. Juristisch und verfassungsrechtlich sei das so vorgesehen und einwandfrei.