Wenig Chancen auf Erfolg
Slowakei: Anti-Privilegien Referendum
In der Slowakei wird ein Referendum abgehalten, das einen drastischen Einschnitt in den Politikerprivilegien vorsieht. Zentraler Punkt: die Einschränkung der Immunität der Parlamentarier. Das Interesse am Referendum ist aber eher gering, es ist fraglich, ob überhaupt 50 Prozent Wahlbeteiligung errungen werden kann
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 18.09.2010
Keiner will die Abstimmung
Es ist ein Referendum, das eigentlich keiner will. Ein Referendum, das sozusagen in der Hitze des Wahlkampfs geboren wurde, das jetzt aber im politischen Alltag fast niemanden mehr zu interessieren scheint, nicht einmal die Initiatoren selbst.
Gefordert hatte das Referendum nämlich die Partei für Freiheit und Solidarität, kurz SaS, von Richard Sulik. Die Partei wurde erst kurz vor den Parlamentswahlen gegründet, als eine ultraliberale Partei, die sich den Abbau von Politikerprivilegien auf die Fahnen geschrieben. Die Parlamentarier würden in ihre eigenen Taschen arbeiten, ihre Immunität schütze sie vor Strafverfolgung. Das müsse ein Ende haben.
Vom eigenen Erfolg überrascht
Außerdem gebe es viel zu viel Parlamentsabgeordnete, statt der 150 würden 100 Parlamentarier doch reichen. Ein Referendum solle darüber entscheiden, so die Forderung aus dem Wahlkampf.
Die SaS-Partei wurde dabei wohl von ihrem eigenen Erfolg überrascht. Die Anti-Establishment-Partei wurde über Nacht selbst Teil des politischen Establishments, so Politologe Juraj Marusiak vom Institut für politische Studien in Bratislava.
Die Abhaltung des Referendums ist nun eher zu einer notwendigen Turnübung verkümmert, um nicht als Brecher von Wahlversprechen dazustehen. "Die SaS-Partei hat nicht einmal Vertreter ihrer Partei in die Wahlkommission geschickt. Das sagt doch alles. Das politische Interesse am Abbau von Politikerprivilegien ist bei ihnen nun stark abgekühlt, seit sie selbst nun an der Macht sind".
Forderungen erfüllt
Die Koalitionspartner in der Regierung, die Christlich-Sozialen von Ministerpräsidentin Iveta Radicova oder auch Most-Hid, die Partei der ungarischen Minderheit sprechen sich mehr oder minder laut gegen dieses Referendum aus.
Die Forderungen seien ohnehin Regierungsprogramm, das Referendum sei reine Parteipropaganda für die SaS-Partei von Richard Sulik. Von Populismus ist die Rede. Staatspräsident Ivan Gasparovic hat wiederholt betont, nicht am Referendum teilnehmen zu werden.
Parteien schützen Schäfchen
Das seien aber nur vorgeschobene Gründe, sagt Juraj Marusiak: Es ist keine Partei letztlich daran wirklich interessiert, die Immunität der Abgeordneten einzuschränken. Das ist schon so oft diskutiert worden in der Slowakei, auch der frühere sozialdemokratische Ministerpräsidenten Fico. Doch nichts hat sich geändert, jede Partei schützt ihre Schäfchen. Letztlich haben die Politikerprivilegien in der Slowakei in den letzten Jahren gar noch zugenommen.
50-Prozent-Hürde liegt hoch
Und wie reagiert die slowakische Bevölkerung? Die wollen natürlich einen Abbau der Politikerprivilegien, doch die wenigsten glauben an dieses Referendum.
Er glaube nicht, dass die für das Referendum notwendige Wahlbeteiligung von 50 Prozent überhaupt zustande kommt. Für die Politische Klasse wäre das ein eindeutiges Signal, so Marusiak - so weitermachen wie bisher.