Schul-Fleckerlteppich droht
Länder beharren auf Zuständigkeit
Bei den Verhandlungen mit dem Bund pochen die Länderverhandler auf ein Positionspapier, das dem Ö1 Morgenjournal vorliegt. Gefordert wird darin so viel Spielraum für die Länder, dass genau das droht, wovor alle Experten gewarnt haben: Die Bildungspolitik könnte zu einem Fleckerlteppich wie in Deutschland und der Schweiz werden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 14.10.2010
Führungsrolle der ÖVP-Landeschefs
Die Länder beharren auf der Zuständigkeit nicht nur für die Pflichtschulen und deren Lehrer, sondern für das gesamte Schulwesen. Erwin Pröll (ÖVP) aus Niederösterreich ist derzeit der Chef der Landeshauptleutekonferenz, Josef Pühringer (ÖVP) aus Oberösterreich wird es im ersten Halbjahr 2011 sein. Und die zwei ÖVP-Landeschefs wollen offenbar mit allen Mitteln das Schulwesen an sich reißen.
Viel Spielraum
Am Dienstag fand eine Verhandlungsrunde mit Pühringer und Prölls Stellvertreter Sobotka in Wien statt, und die beiden Verhandler legten ein brisantes Papier auf den Tisch: Demnach sollen die Länder die Schulorganisation bis zur Matura übernehmen und bei den Ausführungsgesetzen so viel Spielraum haben, dass die verschiedenen Schulmodelle der Länder nicht behindert werden.
"Angriff auf modernes Schulsystem"
Für den Grünen Bildungssprecher Harald Walser ist das ein Horrorszenario: "Das wäre ein Frontalangriff auf ein modernes österreichisches Schulwesen, ein Frontalangriff gegen all das, was die Experten in den letzten Monaten gefordert haben."
Freiheiten der Länder
Denn auch bei den geplanten Bildungsdirektionen wollen die Länder laut Positionspapier einen Gestaltungsspielraum, ebenso beim geplanten neuen Lehrerdienstrecht, das die Freiheiten der Länder bei der Schulorganisation nicht einengen dürfe, wie es heißt. Nicht zuletzt verlangen die Länder laut Positionspapier finanzielle Abgeltungen für die Übernahme von Bundesschulen und für Pensionsaufwendungen. Dem Bund blieben Grundsatzgesetzgebung und Ergebniskontrolle - und auch hier warnen die Länder den Bund gleich einmal, Parallelstrukturen aufzubauen.
"Es geht nur um den Schrebergarten"
Der Grün-Abgeordnete Harald Walser meint, das Papier belege, dass es den Ländern ausschließlich um die Macht über die Lehrkräfte geht. Und es sei verantwortungslos, dass man auf die Aussagen ganz unterschiedlicher Gruppen nicht höre. Lehrer-, Eltern-, und Schülervertretungen sowie die Industriellenvereinigung hätten vor der Verländerung gewarnt. "Und den Landeshauptleuten geht es offensichtlich nur um ihren Schrebergarten."
Walser setzt darauf, dass die ÖVP-Landeschefs mit ihrer Position nicht durchkommen, weil sie nicht nur gegen die Unterrichtsministerin ankämpfen, sondern auch mindestens zwei Länder nicht hinter sich haben - Kärnten und Salzburg.
Ministerium beharrt
In den federführenden Ländern Nieder- und Oberösterreich will man zu dem Thema derzeit nicht Stellung nehmen. Zurückhaltend auch das Unterrichtsministerium, wo man allerdings ausdrücklich von einer Niederösterreich-Position spricht, und nicht von einer Länderposition. Und die Ministerin beharrt darauf, dass der Bund alle Schulen bekommen soll und nicht die Länder. Am kommenden Dienstag wird weiterverhandelt.