Annäherung um strengeren Stabilitätspakt
Deutsch-französischer Durchbruch
Die EU-Staaten haben sich auf schärfere Strafen für Budget-Defizitsünder geeinigt. Verhandelt haben zwar die EU-Finanzminister unter Vorsitz von Ratspräsident Herman van Rompuy in Luxemburg. Aber den Durchbruch erreicht haben die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy bei einem Treffen in der Normandie.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 19.10.2010
Sechs Monate Frist
In der Auseinandersetzung darüber, wie der Stabilitätspakt verschärft werden soll, damit sich eine Schuldenkrise a la Griechenland nicht mehr wiederholen kann, waren Paris und Berlin bisher weit auseinander gelegen. Doch nun rückt Deutschland offensichtlich von seiner Forderung ab, dass Sanktionen quasi automatisch einsetzen sollen, wenn ein EU-Land die Budgetvorgaben regelmäßig verletzt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gesteht eine sechsmonatige Galgenfrist ein, und auch danach müssen Strafzahlungen, von einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedsstaaten beschlossen werden, ganz ähnlich, wie bisher.
Schärfe Sanktionen möglich
Im Gegenzug will Frankreich den deutschen Wunsch nach einer Änderung der EU-Verträge bis 2013 unterstützen, die es auch möglich machen würde, stärkere politische Sanktionen wie den Stimmrechtsentzug für notorische Budgetsünder einzusetzen. Auch die deutsche Forderung nach einem Insolvenzrecht für EU-Staaten mit Zahlungsproblemen wird Frankreich mittragen.
Beim Treffen der Reformarbeitergruppe unter dem Vorsitz von Ratspräsident van Rompuy in Luxemburg gab es am Montag allgemeine Zustimmung zu diesem Kompromiss. Was der Ecofin, der formelle Finanzministerrat sagt, wird man erst heute Dienstag hören.
Streitthema Hedgefonds
Ursprünglich standen vor allem neue Regeln zur Kontrolle der Hedgefonds auf der Tagesordnung, also jener hochspekulativen Fonds, denen Viele eine Mitschuld an der Finanzkrise geben. Das Problem dabei: die übergroße Mehrheit dieser Fonds wird in der Londoner City gehandelt. Großbritannien möchte dieses Atout nicht aus der Hand geben und wehrt sich gegen eine europäische Aufsicht, die aber vom Europäischen Parlament und den anderen EU-Staaten gefordert wird. Ein wesentlicher Zankapfel sind Fonds, die zwar in Europa verkauft werden, ihren Sitz aber in einem exotischen Steuerparadies haben. Den Ministern liegt heute ein Kompromissplan vor, der lange Übergangsfristen vorsieht. Ein mögliches Zugeständnis an London wäre, dass Hedgefonds nun doch nicht von der neuen EU-Wertpapieraufsicht kontrolliert werden, sondern wieder von den nationalen Behörden.
Druck aufs Bankgeheimnis
Sind bei den Hedgefonds die Briten die Bremser, so zögern Österreich und Luxemburg bei einem anderen Punkt, der den meisten EU-Staaten wichtig ist: der automatischen Amtshilfe zwischen den Mitgliedsstaaten beim Kampf gegen Steuerhinterziehung. Brüssel sieht darin einen weiteren Schritt zur Abschaffung des Bankgeheimnisses. Österreich hat zuletzt auf internationalen Druck das Bankgeheimnis für Ausländer weitgehend gelockert. Man wird sehen, wie die neuerliche Forderung der EU-Partner nach automatischen Informationen über fremde Steuersünder von Wien aufgenommen wird. Vizekanzler Pröll ist bei den aktuellen Budgetverhandlungen in Wien unabkömmlich, Österreich wird in Luxemburg vom Ständigen Vertreter bei der EU Botschafter Botschafter Schweisgut vertreten.