Experte: "Pfuschregelung"

Briefwahl: Warten auf Reform

Die Parlamentsparteien beraten derzeit über Änderungen des Briefwahlrechts. Verhandelt wird schon eine Weile, aber Einigung gibt es noch keine. Am Donnerstag hat auf Einladung der Grünen eine Expertenanhörung zum Thema Reform des Briefwahlrechtes stattgefunden.

Mittagsjournal, 04.11.2010

"Nicht ernst zu nehmen"

Staatsrechtler Bernd Christian Funk findet klare Worte zur derzeitigen gesetzlichen Regelung der Briefwahl: "Das ist eine Pfuschregelung." Ein Grund für die harsche Kritik: Zwar müsse jemand eidesstattlich erklären, dass er oder sie die Stimme persönlich und geheim abgegeben hat. Nicht verlangt werde aber eine Erklärung, dass die Stimme vor Wahlschluss abgegeben wurde. Und außerdem sei die eidesstattliche Erklärung "juristisch ein Nullum" - wer also eine falsche eidesstattliche Erklärung abgibt, müsse nicht mit Strafen rechnen, so Funk. Diese Regelung sei nicht ernst zu nehmen.

Zustellproblem im Ausland

Diskutiert werden vor allem zwei Änderungen. Erstens: wie werden die Wahlkarten zugestellt, und zweitens: binnen welcher Frist muss die ausgefüllte Wahlkarte nach der Wahl bei der Behörde eintreffen. Zum ersten Punkt, der Zustellung der Wahlkarte: Natürlich wäre es möglich, diese Regelung zu verschärfen, etwa mit der Zustellung per "RSa", also gegen eigenhändige Unterschrift, sagt Robert Stein, beim Innenministerium für Wahlangelegenheiten zuständig. Das gebe es aber im Ausland nicht, für Auslandsösterreicher oder Urlauber müsste man sich also etwas einfallen lassen.

Ungültig bei Verspätung

Zur zweiten Frage, wann die ausgefüllte Wahlkarte bei der Behörde sein muss. Theoretisch wäre es kein Problem, zu verlangen, dass die Wahlkarte am Wahltag eingelangt sein muss, sagt Stein, warnt aber vor "Nebenwirkungen": Zahlreiche verspätete Wahlkarten würden dann wohl nichtig werden.

E-Voting als Ausweg?

Weniger skeptisch ist Brigitta Blaha, die im Außenministerium für die Auslandsösterreicher zuständig ist. Sie sieht keine Bedenken hinsichtlich einer Frist, die mit dem Wahltag endet, "vorausgesetzt, dass die Fristen im Vorhinein etwas großzügiger angesetzt werden." Außerdem wünscht sich Blaha, dass man auch über die Möglichkeit des E-Votings bei Wahlen nachdenken möge.