Lange Nachfrist von acht Tagen

Neue Debatte um Briefwahlmodus

Noch bis heute Mittwoch haben die Wahlberechtigten in Wien die Möglichkeit, eine Wahlkarte für die Briefwahl schriftlich zu beantragen. Die Wahl ist die erste in Wien mit Briefwahl-Möglichkeit, und vielleicht auch die letzte in der jetzigen Form: Verfassungsrechtler warnen schon lange vor den Manipulationsmöglichkeiten durch die lange Frist von acht Tagen nach der Wahl für die Stimmabgabe.

Brief-Wählen nach Wahlschluss ist zwar verboten, aber auch nicht kontrollierbar. Der Verfassungsjurist Bernd Christian Funk schlägt nun eine konkrete Änderung für künftige Wahlen vor, um diese Gefahr zu bannen.

Morgenjournal, 06.10.2010

Hochrechnungen können abgewartet werden

Briefwähler müssen auf der Wahlkarte eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, dass sie ihre Stimme vor Wahlschluss am Sonntag um 17.00 abgegeben haben. Bei der Wahlbehörde muss die Wahlkarte aber erst bis zum 18. Oktober einlangen. Es ist nicht auszuschließen, dass Wahlberechtigte abwarten, wie die Hochrechnungen und das vorläufige Ergebnis am Sonntag aussehen, bevor sie ihren Stimmzettel ausfüllen - auch wenn das verboten ist. Die rechtlichen Vorkehrungen, die das verhindern können, sind unzureichend, sagt der Verfassungsjurist Bernd Christian Funk von der Universität Wien. Es gebe nicht einmal Strafbestimmungen für eine Wahl nach Wahlschluss. Wenn es nur auf wenige Stimmen ankommen, sei das sehr wohl von Belang.

Funk: Reform notwendig

Der Verfassungsjurist schlägt eine Reform der Briefwahl vor - die Frist für das Einlangen der Briefwahlstimmen solle gestrichen werden. In Deutschland würden nur Stimmen gezählt, die am Wahltag eingelangt sind.

Ein möglicher Nachteil wäre dann allerdings, dass Briefwähler, die ihre Stimme früher losschicken müssen, nicht voll informiert sein können über alle politischen Entwicklungen bis zum Wahltag. Das sei der Preis der Briefwahl, sagt Funk.

Änderung naht

Die Chancen, dass der Nationalrat bis zur nächsten Wahl eine Änderung bei der Briefwahl beschließt, stehen nicht schlecht: SPÖ und Opposition haben sich klar für ein Verkürzen oder Abschaffen der Briefwahlfrist ausgesprochen, auch bei der ÖVP sieht man inzwischen Diskussionsbedarf.

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