Kein Verständnis für Verzögerung

Brennerbasis-Tunnel: Beunruhigung in Brüssel

Die Verzögerungen beim Bau vom Brennerbasis-Tunnel sorgen für Unruhe in Brüssel. Verkehrsministerin Bures (SPÖ) hat den Bau des Haupttunnels im Zuge der Budgetverhandlungen um fünf Jahre verschoben. Die EU-Kommission drängt aber darauf, das Großprojekt rasch umzusetzen.

Mittagsjournal, 13.11.2010

Baubeginn erst 2016

Die unendliche Geschichte des Brennerbasistunnels bekommt ein weiteres, durchaus turbulentes Kapitel. Wieder einmal geht es ums Geld, diesmal ziert sich Österreich. Die EU-Kommission, die ganz offiziell hinter diesem Projekt steht, hat bereits nachgebessert. Bis 2015 fließt auf jeden Fall Geld aus Brüssel, dennoch wurde der Baubeginn des Hauptstollens für diesen 55 Kilometer langen Bahntunnel aufs Jahr 2016 verschoben. Verkehrsministerin Doris Bures argumentierte dies mit dem allgemeinen Sparzwang. Immerhin finanziert die EU nur knapp ein Drittel.

Brüssel sauer auf Wien

In der EU-Kommission wird diese Verzögerung mit Sorge beobachtet, offiziell äußert sich niemand, doch hinter vorgehaltener Hand ist klar: Brüssel ist sauer. Immerhin wird um dieses Projekt seit mehr als 20 Jahren gerungen, mittlerweile gilt der Tunnel als unverzichtbarer Bestandteil der wichtigen Nord-Süd-Achse Berlin-Palermo. Wenn jetzt nicht weitergebaut wird, dann ließe Österreich Millionen an EU-Fördergeld liegen. Der EU-Parlamentarier Richard Seeber von der ÖVP, selbst Tiroler, kämpft seit Jahren für den Brennerbasis-Tunnel. Er sagt, Österreich würde an Glaubwürdigkeit in der EU verlieren.

EU-Geld nur für Brenner-Tunnel

Ein anderer EU-Parlamentarier macht wiederum Stimmung für ein jüngeres österreichisches Verkehrsprojekt. Jörg Leichtfried von der SPÖ wirbt für den Bau des Koralmtunnels. Und zwar als Bestandteil einer neuen, europäischen Bahnstrecke. Die sogenannte Baltisch-Adriatische Achse. Sie soll Danzig mit Bologna, also den Ostseeraum mit dem Mittelmeerraum verbinden. Nur für diese Strecke gibt es im Gegensatz zum Brenner-Tunnel keine üppige EU-Förderung. Der Brenner-Tunnel sei einfach nur weiter nach hinten gereiht worden.

Österreich für Koralmtunnel

Tatsächlich halten Verkehrsexperten in der EU-Kommission den Koralmtunnel für sinnvoll. Und das, obwohl die Brennerstrecke ein weit höheres Verkehrsaufkommen bewältigt. Voraussetzung ist, dass der Koralm-Tunnel gemeinsam mit dem Semmeringtunnel die Verbindung von Danzig mit Bologna gewährleistet. Damit würde eine weitere europäische Verkehrsachse geschaffen, die die Adria-Häfen mit dem Rest Europas verbindet und erstmals einen schnellen Transport der Güter per Bahn ermöglicht. Schon dadurch würde sich das Verkehrsaufkommen erhöhen und auch der Koralmtunnel wäre ausgelastet.

Streit geht weiter

Außerdem müsse in die Zukunft geschaut werden. Wenn Erdöl knapp und Benzin immens teuer werden, brauche es Alternativen zum Straßenverkehr. Das rechtfertige diese Hochleistungsstrecke, die ja nicht nur Wien mit Graz verbinde. Beide Projekte - sowohl Brenner als auch Koralm seien aus europäischer Sicht notwendig. Üppige Förderungen gibt es vorerst aber nur für den Brennertunnel. Ob der EU-Geldhahn auch für Koralm- und Semmering-Tunnel aufgedreht wird, hänge nicht zuletzt vom Brenner-Baufortschritt ab. Ein Schritt nach dem anderen, signalisiert Brüssel.