Finanzexperte: Debatte schürt Unsicherheit

Wie weit geht die EU-Solidarität?

Der Chef-Volkswirt der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, erwartet zwar eine gewisse Beruhigung durch das EU-Bankenpaket. Aber die Verunsicherung der Märkte komme nicht von der Lage Irlands, sondern von der Unsicherheit, wie weit die Solidarität der EU tatsächlich geht.

"Chaos über Zukunft der Eurozone"

Der Chef-Volkswirt der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, im Morgenjournalgespräch am 17.11.2010 mit

Solidarität mit Grenzen

Auslöser sei die Diskussion über ein künftiges Insolvenzrecht, sagt Bruckbauer: "Einerseits den Märkten zu signalisieren, die EU ist da und wird helfen, aber am soundsovielten ist es vorbei mit der Solidarität, ist alles andere als hilfreich." Denn weder Griechenland noch Irland könnten innerhalb von fünf Jahren ihre Probleme lösen.

Zwischen Ländern unterscheiden

Der Chef-Volkswirt warnt auch davor, Spanien, Portugal und Italien in den selben Topf zu werfen. "Spanien und Italien sind unbestritten fähig, in der Eurozone zu überleben." Italien habe kaum Neuverschuldung und seine Verschuldungssituation spürbar in den Griff bekommen. "Da ist ein Automatismus in den Kommentaren, der sich durch die ökonomischen Realitäten nicht bestätigen lässt", so Bruckbauer.

Österreich profitiert

Für die heimischen Finanzen sieht der Experte keine negativen Auswirkungen - im Gegenteil: Österreich profitiere "enorm" von der Situation. Ohne diese Verschuldungsproblematik würde der österreichische Staat spürbar höhere Zinsen zahlen müssen für die Schulden, die er 2010 aufgenommen hat.

"Es fehlt die Leadership"

Herausgefordert sei vor allem das politische System der EU, kritisiert Bruckbauer: "Wir haben ein derartiges Chaos in der EU, was die Äußerungen zu Europa zur Zukunft der Eurozone betrifft - das irritiert am meisten. Es fehlt die Leadership in der EU, man weiß nicht, wer zuständig ist." Dazu komme die Unklarheit, ob wirklich jedes Land entschlossen und gewillt ist, die nächsten Jahrzehnte in der Eurozone zu bleiben - mit all den Konsequenzen, dass man auch einmal einem anderen Land helfen muss.