Bildungsexperte Andreas Schleicher im Interview
Schulen brauchen Gestaltungsfreiheit
In Österreich tobt der Kompetenzstreit um die Schulen. Der deutsche Bildungsexperte Andreas Schleicher meint, im Grund sei es egal, ob Bund oder Länder zuständig seien. Denn bei einem erfolgreichen Bildungssystem komme es auf ganz andere Dinge an. Schleicher analysiert bei der OECD in Paris die Bildungssysteme von 33 Staaten.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 23.11.2010
Zentrale Bildungsziele
Sowohl zentral- wie auch föderal geführte Bildungssysteme können grundsätzlich erfolgreich sein, sagt Bildungsexperte Andreas Schleicher. Für den Erfolg seien vor allem zwei Dinge ausschlaggebend: Einerseits müsse das Bildungssystem klare, zentrale Ziele festlegen und andererseits müssten die Schulen die Verantwortung haben, ihre Bildungsumgebung selbst zu gestalten und ihr Personal selbst auszuwählen.
Länder mischen sich gerne ein
Eine zentralisierte Schulverwaltung und ein hoher Freiraum für einzelne Schulen sei kein Widerspruch, betont Schleicher, ganz im Gegenteil: "Wir haben viele OECD-Staaten, die auf der zentralen Ebene klare Vorgaben machen, bestimmte Bildungsstandards festlegen und auf der anderen Seite den Schulen sehr große Freiräume einräumen - sehr viel größere als zum Beispiel in Österreich."
In föderal organisierten Bildungssystemen wiederum lasse sich öfter eine Tendenz zum Zentralismus feststellen, denn die Länder seien näher an den Schulen dran und kämen daher eher in Versuchung, in das Schulsystem einzugreifen.
Schulen bestimmen den Weg
Im OECD-Vergleich seien so kleine Verwaltungseinheiten im Bildungsbereich, wie in Österreich, eher unüblich. Die Tendenz gehe generell dahin, Bildungsziele landesweit festzulegen und dafür aber den Schulen mehr Autonomie einzuräumen, wie sie ihre Schüler dorthin bringen. Auch zentrale Jahresendprüfungen bzw. so etwas wie eine Zentralmatura hält der Bildungsexperte für sinnvoll.